Weil der Pnos gestern in Burgdorf nur eine Platzkundgebung erlaubt war, wichen deren Anhänger nach Bern aus. Als die Polizei und die Gegendemonstranten dies realisierten, war der Spuk in der Bundesstadt schon längst vorbei.
Die Angst vor der Pnos-Demonstration, welche die Behörden schliesslich nur als Platzkundgebung bewilligt hatten, wuchs in der letzten Woche von Tag zu Tag. Nicht zuletzt weil antifaschistische Gruppierungen ankündigten, Widerstand zu markieren. In der Emmenstadt deutet aber abgesehen von der grossen und gleichzeitig zurückhaltenden Polizeipräsenz vieles auf einen ganz normalen Sonntag hin. Vor der Turnhalle beim Pestalozzi-Schulhaus warten Unihockeyspieler auf ihren nächsten Match, das Altersheim führt ein paar Rollstuhlfahrer aus und Hunde werden auf der Schützenwiese Gassi geführt. Ein fast normaler Sonntag sollte es zumindest für Burgdorf bleiben.
Anhänger der rechtsextremen Partei National Orientierter Schweizer (Pnos) – laut Polizei etwa 60 an der Zahl – treffen sich auf der Schützenmatte in Burgdorf. Nervös fingern sie auf ihren Handys herum, rauchen Zigaretten. Autos kommen und andere fahren gleich wieder weg. Längst ist 14 Uhr vorbei, und die Kundgebung gegen die Rassismusstrafnorm hätte beginnen sollen. Ratlos sind die zahlreich aus dem ganzen Land angereisten Journalisten. Erstmals kommen Vermutungen auf, die Demonstration könnte anderswo stattfinden, höchstwahrscheinlich in Langenthal. «Die Retter vom Vaterland sind zu spät», kommentiert ein Schaulustiger das Geschehen.
Dieser Schaulustige, ein älterer Herr, ist offensichtlich so darauf erpicht, die Pnos-Reden zu hören, dass er umgehend nach Bern reist, als bekannt wird, dass die Kundgebung auf dem Berner Bundesplatz stattfinden soll. Doch nicht nur dieser Mann, sondern alle anderen – die Polizei, die Antifa und die Journalisten – kommen zu spät. Denn pünktlich um 14 Uhr marschieren Pnos-Anhänger vom Bärengraben die Altstadt hinauf zum Bundesplatz. Dort wurden laut Augenzeuge Kurzreden abgehalten, Flugblätter verteilt und Transparente hochgehalten. Pnos-Sprecher Renato Bachmann bestätigte dies. Anschliessend marschieren die 150 Teilnehmenden zurück zum Bärengraben, steht im Communiqué der Polizei. Um 14.50, so Bachmann, verlassen die Pnos-Mitglieder, Vertreter der Helvetischen Jugend und Anhänger anderer rechtsextremer Gruppierungen Bern wieder mit ihren Autos. «Die Demonstration wurde zuerst bewilligt, das wollten wir uns nicht nehmen lassen. Es war schon vorher klar, dass wir an einen anderen Ort hingehen würden», sagt Bachmann.
Die Pnos-Demonstranten können ungehindert in die Stadt marschieren und sie wieder verlassen, weil die Polizeikräfte in Burgdorf gebunden sind. Es sei schlicht unmöglich, aus dem Stand eine solche Gruppe zu stoppen, sagt Polizeisprecher Markus Schneider. Vehement weist er die Vorwürfe der Jungen Alternativen zurück, die Polizei sei auf dem rechten Auge blind. Wenn es um die Sehkraft der Polizei gehen würde, wäre sie wohl gestern auch auf dem linken Auge blind gewesen. Die Kundgebung der Linksaktivisten in Bern wird ebenfalls nicht verhindert. Als die Antifas in Burgdorf realisieren, dass die Pnos ihre Pläne geändert haben, reisen sie um 15 Uhr mit dem Zug nach Bern. Die Polizei lässt die Linksextremen eine kleine Runde über den Waisenhausplatz und zurück zur Reithalle drehen.
Die Polizei ist nach gestern zufrieden, weil sie habe verhindern können, dass es zu Konfrontationen gekommen sei. Einige Pnos-Anhänger, die den Anschluss für den Abzug aus Bern verpasst haben, werden von der Polizei weggebracht, damit sie nicht den Linksradikalen in die Fänge geraten. Auch die Antifa klopft sich auf die Schulter. In einem Communiqué teilt sie mit, die Pläne der Pnos in Burgdorf vereitelt zu haben und erst die Demonstration von 250 (in Burgdorf waren es laut Polizeiangaben 200) Antifas hätten die Pnos gezwungen, sich später auch aus Bern zurückzuziehen. Tatsache ist, dass die Pnos alle an der Nase herumgeführt hat. Als Gewinnerin des Katz-und-Maus-Spiels dürfte sich auch Stadtpräsidentin Elisabeth Zäch (sp) fühlen: «Glücklicherweise» habe sich die Pnos-Demo nach Bern verlagert, teilt die Stadt Burgdorf mit. Für eine persönliche Stellungnahme war Zäch gestern nicht mehr erreichbar. Als klar wurde, dass die Pnos-Demo nicht in Burgdorf stattfinden würde, wirkte sie sichtlich beruhigt. Das untermalt die Mitteilung der Stadt: Der Gemeinderat ist sehr erleichtert, heisst es.