Plötzlicher Gesinnungswandel der Rechten

MittellandZeitung

Plötzlicher Gesinnungswandel der Rechten

Zwei reuige Rechtsextreme erhalten wegen verschiedener Delikte Bussen und Gefängnisstrafen

Der Sommer hatte Folgen: Zwei angeklagte Rechtsextreme wollen nichts mehr mit der Szene zu tun haben. Eine Strafe erhielten sie dennoch, allerdings war sie mit einer Busse beziehungsweise drei Wochen Gefängnis tiefer, als es noch im Frühling ausgesehen hatte.

Beat Waldmeier

Erstaunlich wars gestern im Gerichtssaal. Traten die beiden Angeklagten noch im April (wir berichteten) bei der ersten Einvernahme zum Solätte-Prozess kämpferisch und selbstbewusst auf, so war dies bei der Hauptverhandlung vor Richter Jürg Bähler auf Schloss Burgdorf ganz anders. Er habe sich von der Szene entfernt, sagte B.. Auch L., früherer Berner Präsident der rechtsextremen Pnos, der Partei national orientierter Schweizer, will seine Gesinnung geändert haben. Offenbar haben beide nicht vor, als rechtsextreme Märtyrer in die Geschichte einzugehen. Wieweit der Gesinnungswandel echt ist, wird wohl erst die Zukunft weisen. Ob es nur darum ging, die Strafhöhe positiv zu beeinflussen, muss offen bleiben.

Richter Jürg Bähler verurteilte die beiden Angeklagten B. und L. zu drei Wochen Gefängnis bzw. einer Busse von 1200 Franken plus Gerichtskosten und einer kleinen Genugtuung. Die Liste der Strafgesetzbuch-Artikel auf dem Überweisungsbeschluss war lang und reichte von Raufhandel über Rassendiskriminierung bis hin zu Angriff und Körperverletzung. Geblieben ist schliesslich einiges weniger. Das hängt vor allem damit zusammen, dass aufgrund der verwickelten Vorfälle und der unterschiedlichen Zeugenaussagen nicht klar wurde, wer an der Solätte wirklich mit einem Glas oder einer Flasche S. verletzt hatte, sodass dieser Schnittwunden an Brust und Kopf nähen lassen musste.

Angriff auf ein Paar

Behandelt wurden dieser Vorfälle an der Solätte 2005, aber auch eine steinige Auseinandersetzung am Bahnhof Burgdorf von Januar 2006 (von B.) und das Verteilen von rechtsextremen CDs in einem Jugendtreff im Kanton Aargau (von L.). Hauptsache war ein Angriff in der Schmiedengasse und auf der «Aemmi-Terrasse». Ein als «links» angeschauter junger Mann und seine Freundin waren an der Solätte verhöhnt, verfolgt und verletzt worden. Weiter wurde ein Gewerkschaftssekretär und Stadtrat rassistisch beschimpft.

Juristisch interessanter als der Schuldspruch für B. war vor allem die Verurteilung von L. wegen Rassendiskriminierung für die Abgabe der CD. Während der Aargauer Staatsanwalt sie nicht als rassendiskriminierend angesehen hatte, sah dies der Berner Einzelrichter anders. «Wir haben auch gründlicher überprüft», begründete Bähler seinen Schuldspruch. Während L. eine frühere bedingte Strafe wegen des Lakuzangriffs in Langenthal nicht absitzen muss, muss B. eine zehntätige Strafe wegen betrunkenen Autofahrens antreten.