SonntagsZeitung: Islamfeinde gründen in Zürich einen Ableger – SVP-Politiker unterstützen die Idee
Bern Nach der Terrorattacke in Paris wittern Schweizer Muslimfeinde Morgenluft. Eine Gruppe von radikalen Islamgegnern will das Entsetzen über den blutigen Anschlag nutzen, um antimuslimische Proteste wie in Deutschland anzuzetteln.
Am vergangenen Freitag, nur 48 Stunden nach den tödlichen Schüssen auf der Redaktion des Satiremagazins «Charlie Hebdo», gründeten in Zürich ein Dutzend Personen aus christlich-rechten Kreisen den Verein Pegida Schweiz – einen direkten Ableger des deutschen Pendants, den «Patriotischen Europäern gegen die Islamisierung des Abendlandes». Dem Protestaufruf von Pegida Deutschland waren in den vergangenen Wochen vor allem in Dresden Zehntausende Islamkritiker gefolgt. Schon seit längerem existieren auf Facebook Schweizer Pegida-Gruppen mit jeweils mehreren Tausend Anhängern, darunter auch Neonazis. Mit dem Treffen vom Freitag wagt ein Teil davon jetzt den Schritt aus der virtuellen Welt.
Gründerin der deutschen AfD soll als Gast-Rednerin auftreten
Die Vereinsgründer geben sich bedeckt. Sie misstrauen den Medien. So, wie es auch ihre deutschen Vorbilder tun, die immer wieder gegen die «Lügenpresse» hetzen. Klar ist: Am 16. Februar soll in der Schweiz die erste Pegida-Demonstration stattfinden. Den Ort wollen die Veranstalter geheim halten, bis eine Bewilligung der Behörden vorliegt. Als Rednerin wird gemäss den Organisatoren unter anderem Tatjana Festerling, Mitgründerin der Partei «Alternative für Deutschland» (AfD) auftreten.
«Wir müssen die Islamisierung in der Schweiz stoppen», sagt ein anonymer Anführer der Pegida Schweiz gegenüber der SonntagsZeitung. Mit Rassismus habe das nichts zu tun. «Es geht darum, dass wir in der Schweiz weiterhin nach christlichen Werten leben dürfen.»
Im Gegensatz zu Deutschland, wo die etablierte Politik die Bewegung ablehnt und isoliert, können die Pegida-Aktivisten hierzulande bereits auf prominente Unterstützung zählen. SVP-Nationalrat Walter Wobmann findet die Idee gut: «Nach dem Attentat müssen wir zusammenstehen und unsere Freiheit gegen den radikalen Islam verteidigen – wenn nötig auf der Strasse.»
Auch bei der Jungen SVP stossen die Islamfeinde auf offene Ohren. «Ich begrüsse es, wenn auch in der Schweiz Pegida-Demos stattfinden», sagt Präsident Anian Liebrand. Die Inhalte der Bewegung seien durch den Anschlag aktueller denn je. Er kann sich gut vorstellen, dass die Junge SVP einen Protestaufruf offiziell unterstützt. «Solche Entscheide werden bei uns an der Delegiertenversammlung basisdemokratisch getroffen.» Für den Verein Pegida Schweiz ist eine Zusammenarbeit mit der SVP «jederzeit möglich», auch wenn man unabhängig bleiben wolle.
Die Präsidentin der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus, Alt-FDP-Nationalrätin Martine Brunschwig Graf, ist besorgt über die Demopläne: «Antimuslimische Proteste zum jetzigen Zeitpunkt sind gefährlich. Es darf auf keinen Fall mit Hass oder Intoleranz auf die Attentate reagiert werden.» Genau das mache die Pegida-Bewegung. Sie werfe alle Muslime in einen Topf und fördere so Diskriminierung und Ausgrenzung.
Linke Gruppen künden Gegenaktionen an
Die Pegida Schweiz dürfte auch auf der Strasse auf Widerstand stossen. Auf Facebook künden linke Aktivisten Gegenaktionen an. «Sollte es in der Schweiz zu solchen Demonstrationen kommen, werden wir uns dagegen wehren», heisst es in der Gruppe «No Pegida», die ebenfalls schon existiert.
In Dresden, dem Zentrum der Bewegung, ruft Pegida auch für diesen Montag zu Grossprotesten auf. Wegen des Anschlags in Paris wollen die Teilnehmer mit Trauerflor aufmarschieren.