Srf.ch. In seiner Wohnung in Rüti hortete ein Mann Waffen und auf Facebook soll er Holocaust-Überlebende verunglimpft haben.
Vor dem Bezirksgericht Hinwil hat ein mutmasslicher Neonazi zugegeben, zwei Serienfeuerwaffen, eine Pistole sowie rund 2000 Schuss Munition ohne die dafür nötigen Bewilligungen besessen zu haben.
Der Verteidiger des Angeklagten bestritt hingegen, ein Facebook-Kommentar seines Mandanten sei rassendiskriminierend gewesen.
Dies hat ihm die Staatsanwaltschaft vorgeworfen und forderte insgesamt 32 Monate Freiheitsstrafe.
Die Hälfte davon soll der Mann absitzen müssen, die andere Hälfte der Strafe soll bedingt bei einer Probezeit von vier Jahren ausgesprochen werden. Zudem soll der Deutsche, der inzwischen wieder in seiner Heimat lebt, einen Landesverweis von 14 Jahren erhalten.
Sein Verteidiger fordert wegen der Widerhandlung gegen das Waffengesetz eine Geldstrafe: 100 Tagessätze zu zehn Franken, dies bedingt bei einer Probezeit von drei Jahren.
Hakenkreuz-Tattoos und Konzertveranstalter
Vier Hakenkreuze hat der Angeklagte sich auf seinen Körper stechen lassen, zudem das Konterfei des in Nürnberg zum Tode verurteilen Nazi-Kriegsverbrechers Fritz Sauckel. An der Nazi-Zeit schätzt er «die Volksgemeinschaft, wo Werte wie Ehre und Treue noch eine Bedeutung hatten, nicht wie heute». Und 2016 hat er im Toggenburg in Unterwasser eines der grössten Rechtsrock-Konzerte in Westeuropa mitorganisiert.
Doch ein Neonazi? Er wolle sich «nicht schubladisieren lassen», sagt der gebürtige Deutsche vor Gericht. Aufrecht sass der kahl geschorene 32-Jährige mit breiten Schultern im Gerichtssaal in Hinwil.
Staatsanwalt: «Der Mann ist ein glühender Nazi»
Angeklagt ist der bis vor wenigen Monaten in Rüti (ZH) wohnhafte Deutsche wegen des Besitzes von drei Waffen, darunter eines Sturmgewehrs, sowie rund 2000 Schuss Munition und wegen eines rassendiskriminierenden Facebook-Kommentars. Sein Verteidiger betonte, es dürfe nicht um die Gesinnung gehen. Der Staatsanwalt sah das anders, denn gerade um den Facebook-Kommentar beurteilen zu können, sei dies wichtig.
Einen Zeitungsbericht über eine Auschwitz-Überlebende hatte er mit einem «Facepalm»-Emoji versehen. Dazu die Bemerkung, es hätten ja sieben Millionen Juden den Zweiten Weltkrieg überlebt. Für den Staatsanwalt klar eine Relativierung des Holocaust und eine Verharmlosung des Völkermordes. «Ich habe noch nie einen glühenderen Nazi gesehen», so der Staatsanwalt.
Der Angeklagte entgegnete, das sei nicht so gemeint gewesen. Er habe «irgendwo gelesen», dass nach dem Zweiten Weltkrieg noch sieben Millionen Juden am Leben gewesen seien. Und weil «auch Homosexuelle und Rumänen umgekommen» seien, und zumal es keine «Volkszählung» gegeben habe, könne man die Zahl getöteter Juden heute nicht präzise wissen. Mit dem Emoji habe er sagen wollen: «Wieder ein Bericht über Auschwitz, wie fast jeden Tag, als ob es keine anderen Probleme gäbe. Das ist eine gebetsmühlenartige Indoktrination, die mich nervt.» Es gebe so viele Massenmorde weltweit. Damit habe er aber nichts bagatellisieren wollen.
Waffenbesitz eingeräumt
Zu den Waffen verweigerte der Mann jede Aussage. Für die Staatsanwaltschaft ist erwiesen, dass sie – obwohl die Wohnung zeitweise auch von anderen Männern bewohnt wurde – in seinem Besitz waren, entsprechende DNA-Spuren seien sichergestellt worden. So räumte sein Verteidiger den Besitz denn auch ein. Ungeklärt bleibt aber, wo der Deutsche die Waffen besorgt und was er damit vorhatte.
Das Bezirksgericht Hinwil wird das Urteil schriftlich eröffnen. Bis dahin gilt die Unschuldsvermutung.