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Wie genau werden die Fälle nachgestellt?
Die Filme werden zum grössten Teil neu gedreht, wir verwenden neues Interviewmaterial mit
Betroffenen – Angehörigen der Opfer, Ermittlern, Anwälten der Täter. Die Verbrechen werden
nicht mit Schauspielern fiktional nachgestellt. Wir arbeiten mit Symbolbildern und verwenden
Archivmaterial. Am wichtigsten ist uns, nicht reisserisch an die Themen heranzugehen.
Menschen, die in so tragische Verbrechen involviert waren, würden nicht bei einem Filmprojekt
mitmachen, wenn sie kein Vertrauen zu den Journalisten hätten. Das bedingt von Seiten der
Dokumentarfilmerinnen und –filmer sehr genaue Recherchen, grösste Vorsicht, Feingefühl und
Diskretion. In der ganzen Serie greift zudem Strafrechtsprofessor Christian Schwarzenegger
juristische Fragen auf, die von allgemeinem Interesse sind.
Warum serviert das Schweizer Fernsehen dem Publikum im Sommer so schwere Kost? Es ist bereits
das vierte Mal, dass das Schweizer Fernsehen (SF DOK) im Sommerprogramm eine Serie über
Kriminalfälle im Programm hat.
Am Anfang stand die Überzeugung der Redaktion, dass Dokumentarfilme über Schweizer
Verbrechen ein breites Publikum ansprechen dürften. Die guten Einschaltquoten und die – trotz
der aufwühlenden Themen – positiven Reaktionen der Zuschauerinnen und Zuschauer haben
uns recht gegeben.
Nach welchen Kriterien wurden die verfilmten Fälle ausgewählt?
Wir haben Verbrechen gewählt, die es ermöglichen, den Zuschauern die verschiedenen
Elemente, Facetten und Fragen eines Kriminalfalles zu vermitteln, um ihm entweder eine eigene
Beurteilung zu ermöglichen oder ihn mit einem Fragezeichen zurückzulassen. Ziel ist es, eine
Einsicht zu gewähren, die über den einzelnen Fall hinaus geht; die Frage zu beantworten, was
einen Menschen in die Situation bringt, ein auf den ersten Blick so unerklärliches Verbrechen zu
begehen. Beispielsweise beim «Todespfleger aus der Innerschweiz» stellt sich die Frage,
welche Rolle die gesellschaftlichen Umstände oder die Situation in den Pflegeheimen da
gespielt haben. Oder beim Auftaktfilm über den Mord in Unterseen («Die Rache der arischen
Ritter») fragt der Autor, wie vier junge Menschen im idyllischen Berner Oberländer Bödeli für
rechtsextremes Gedankengut empfänglich werden konnten. Und wie diese rechte Gesinnung
schliesslich zum Mord an einem Kollegen führen konnte.
Gibt es keine Proteste von Angehörigen gegen die Verfilmung der Fälle?
Nein, im Gegenteil. Das zeigt auch die Tatsache, wie viele Verwandte und enge Freunde von
Opfern in den DOK-Filmen Auskunft geben. Einige von ihnen haben vorher nach gar nie mit den
Medien geredet. Für mich ist das ganz klar ein Beweis dafür, dass die Filmerinnen und Filmer
sensibel und verantwortungsbewusst an die heiklen Themen herangehen. Nur so kann ein
Vertrauensverhältnis zwischen den Journalisten und den Betroffenen entstehen. Ohne wären
unsere Filme gar nicht möglich.