St. Galler Tagblatt: ST. GALLEN. In der aktuellen Berichterstattung über die NSU-Affäre in Deutschland ist ein ehemaliger V-Mann in den Fokus geraten, der offenbar seit Jahren in der Schweiz lebt. Zuerst im Kanton Graubünden, heute im Kanton St. Gallen, nahe an der Grenze zum Fürstentum Liechtenstein, wie die «Schweiz am Sonntag» in ihrer gestrigen Ausgabe schreibt. Dieser Mann soll mit dem NSU-Trio Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe verbandelt gewesen sein. Die rechtsextreme Organisation hatte zwischen 2000 und 2006 neun rassistisch motivierte Morde begangen.
Ein Team von Rechtsextremen
Erkenntnisse einer Recherche von ARD und der «Welt» zeigten, dass dieser Mann noch als V-Mann – ein Spitzel des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV) – von 2000 bis 2002 in Zwickau eine Baufirma betrieb. Seine Mitarbeitende waren vor allem rechtsextreme Skinheads, darunter der NSU-Mörder Uwe Mundlos. In diesem Zeitraum tötete das NSU-Trio vier seiner neun Opfer. Bei zwei Taten soll gemäss Recherche das Auto, das die Mörder an den Tatort zurückbrachte, über die Baufirma des ehemaligen V-Manns ausgeliehen worden sein. Ende 2012/Anfang 2013 musste er sich deswegen vor der Staatsanwaltschaft Graubünden verantworten. Dabei stritt er ab, Uwe Mundlos zu kennen oder ihn in seiner Firma engagiert zu haben.
«Völlig neue Dimension»
Für eine Stellungnahme sei der ehemalige V-Mann nicht zu erreichen gewesen, schreibt die «Schweiz am Sonntag» weiter. Gegenüber dem «Liechtensteiner Vaterland» sagte er am Samstag, dass er von den deutschen Medien missbraucht werde, um Stimmung gegen die fragwürdigen Verhältnisse innerhalb des deutschen Staatsschutzes zu machen. Der NSU-Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestags sprach nach den jüngsten Entwicklungen von einer «völlig neuen Dimension». Er will sich nächstens mit dem ehemaligen V-Mann und dessen Verstrickungen befassen. Was weiss die Kantonspolizei St. Gallen? «Diese Person ist bei uns nicht bekannt», sagt Mediensprecher Hanspeter Krüsi. (lom)