St. Galler Tagblatt: ST. GALLEN. Am Münchner Obergericht läuft seit Monaten der Prozess gegen Beate Zschäpe und die mutmasslichen Unterstützer des NSU. Die rechtsextreme Organisation hat zwischen 2000 und 2006 neun rassistisch motivierte Morde begangen. Im Frühling dieses Jahres geriet ein ehemaliger V-Mann in den Fokus der Ermittler, der seit einigen Jahren im Kanton St. Gallen lebt und mit dem NSU-Trio Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe verbandelt gewesen sein soll (Ausgabe vom 11. April). Wie die «Sonntagszeitung» in ihrer aktuellen Ausgabe schreibt, soll dieser Mann – «ein Neonazi» – in Sevelen wohnen und 44 Jahre alt sein.
Gesuch zur Auslieferung
Frühere Recherchen ergaben, dass dieser Mann unter dem Decknamen «Primus» ab 1992 zehn Jahre lang als V-Mann des Verfassungsschutzes spitzelte und mittlerweile als Schlüsselfigur bei der Aufklärung der Morde gilt. Jetzt liegt gegen ihn ein Haftbefehl vor, wie es im Artikel weiter heisst. Aus diesem Grund bereiten die deutschen Behörden ein Auslieferungsgesuch an die Schweiz vor. Es soll demnächst ans Bundesamt für Justiz in Bern übersandt werden, wie ein Sprecher des Sächsischen Staatsministeriums gegenüber der «Sonntagszeitung» bestätigt. Damit steigen die Chancen, dass der ehemalige V-Mann schon bald vor Gericht in München vernommen werden kann.
Ins Ausland abgesetzt
Den Haftbefehl, der dem «Neonazi» zum Verhängnis wurde, erliessen die Behörden, weil er es versäumt hatte, die Insolvenz für seine in Deutschland in Konkurs gegangene Firma zu melden. Stattdessen setzte der Mann sich ins Ausland ab. In Abwesenheit wurde er 2009 wegen Insolvenzverschleppung zu einer Geldstrafe verurteilt.
Noch ist unklar, ob die Grundlage des Gesuchs für eine baldige Auslieferung reichen wird. Insolvenzverschleppung ist in der Schweiz nicht strafbar. Der Mann, der in Liechtenstein ein Antiquitätengeschäft betreibt, bestreitet jegliche Verbindung mit dem NSU. (lom)