Neonazis feiern Leibacher

SonntagsBlick

Rechtsradikale verherrlichen den Attentäter, der 2001 in Zug ein Blutbad anrichtete. Und niemand schreitet ein.

Die Aufnahme stammt vom 28. Juni, geschossen wurde sie in Sempach: Etwa 250 Rechtsradikale marschierten am Schlachtgedenktag ungestört durch das Luzerner Städtchen. Mitten im braunen Haufen: ein 20- bis 25-jähriger Jüngling mit schwarzem T-Shirt. Die Aufschrift: «Friedrich Leibacher, Nationalheld. Warum hast du nicht in Bern gewohnt?» Eine makabre Anspielung, die ausdrückt, dass Leibacher lieber im Bundeshaus hätte töten sollen.

Zur Erinnerung: Am 27. September 2001 erschiesst der Querulant Friedrich Leibacher im Zuger Regierungsgebäude elf Kantons- und drei Regierungsräte, 18 weitere Personen werden zum Teil schwer verletzt. Einer von ihnen ist Hanspeter Uster (50), damals Regierungspräsident von Zug. Beim Attentat erlitt er einen Lungendurchschuss. Uster über den Vorfall in Sempach zu Sonntags-Blick: «Das ist jenseits von Gut und Böse.» Schockiert zeigt sich auch Jürg Frischknecht (61), Experte für politischen Extremismus: «Es ist bemerkenswert, dass dieser Mann inmitten der PNOS marschieren kann, und keiner stört sich daran.» Die Partei National Orientierter Schweizer hat wiederholt an Wahlen teilgenommen. 2004 erlangte sie einen Sitz im Stadtrat von Langenthal BE.

Der Jüngling mit dem Leibacher-T-Shirt ist dem Dienst für Analyse und Prävention (DAP) sehr wohl aufgefallen, wie Sprecherin Danièle Bersier gegenüber SonntagsBlick bestätigt. Trotzdem kontrollierten die Staatsschützer den Mann nicht. Bersier: «Obwohl moralisch verwerflich, ist beim geschilderten Sachverhalt a priori keine strafbare Handlung erkennbar, insbesondere nicht bezüglich des Antirassismus-Artikels.» Mit der gleichen Begründung schaute auch die Kantonspolizei Luzern weg. Warum die beiden Behörden nicht einmal seine Personalien aufnahmen, dafür haben sie hingegen keine Erklärung. Der Aargauer Heinz Kaiser (59), ein langjähriger Aktivist gegen die rechtsextreme Szene, hat kein Verständnis: «Dieser Mann ist eine tickende Zeitbombe. Unverständlich, dass DAP und Polizei nicht wissen wollen, wer er ist.» Kritisch ist auch Hanspeter Uster: «Wie würde der DAP wohl reagiert haben, wenn der Mann ein T-Shirt von Marco Camenisch mit dem gleichen Text getragen hätte? Hätte er dann auch weggeschaut?»

Als Berner Fans 2004 beim Eishockeymatch EVZ – SCB ein Plakat mit den Worten «Danke Leibacher» entrollten, handelte der private Sicherheitsdienst des EV Zug rasch. Keine 30 Sekunden später war das Banner verschwunden; der fragliche Fan entschuldigte sich. Vom Neonazi mit dem Leibacher-T-Shirt ist das eher nicht zu erwarten. Auf seiner Baseballmütze prangt die Zahl 18: ein rechtsradikaler Code für «Adolf Hitler»