20 minuten online: Ein Polizist der Kapo Bern sagte am Dienstag im Neonazis-Prozess gegen die NSU in Deutschland aus. Er konnte sich nicht an Einzelheiten der Ermittlung zu einer Tatwaffe erinnern.
Der Berner Polizist hatte gegen einen mutmasslichen Mittelsmann bei der Beschaffung der Mordwaffe vom Typ «Ceska» ermittelt. Der Polizist sollte über eine Vernehmung dieses Mannes aus dem Jahr 2007 Auskunft geben, erinnerte sich aber nicht mehr an Einzelheiten.
Ihm wurden am Dienstag daher immer wieder Passagen aus dem Vernehmungsprotokoll vorgelesen, woraufhin der Polizist sagte: «Wenn es da so steht, dann wird es so gewesen sein.»
Der mutmassliche Mittelsmann habe nach eigenen Angaben von der «Ceska» nichts gewusst, sagte der Polizist. Dass sie mit einem auf seinen Namen lautenden Waffenerwerbsschein gekauft wurde, habe er sich nicht erklären können. Die «Ceska» war von den NSU-Terroristen bei neun ihrer zehn Morde verwendet worden.
Berner Oberländer hatte die Pistole gekauft
Die zwei Neonazis Uwe Bönhardt und Uwe Mundlos erschossen in den Jahren 2000 bis 2006 neun Menschen. Die Opfer der rechtsextremen Terrorzelle «Nationalsozialistischer Untergrund» (NSU) waren Kleinunternehmer türkischer und griechischer Herkunft. Mundlos und Böhnhardt nahmen sich nach einem Banküberfall 2011 das Leben, Komplizin Beate Zschäpe zündete die gemeinsame Wohnung an und stellte sich danach der Polizei. In der Brandruine kam eine Tatwaffe zu Vorschein – die Spur der «Ceska» führte nach Bern. Seit anderthalb Jahren steht Zschäpe in München vor Gericht.
In diesem Prozess sagen nun zwei Berner Polizisten aus. Es geht um einen Zeugen aus dem Berner Oberland, den sie vernommen hatten. Auf dessen Namen wurde der Waffenschein jener Pistole ausgestellt, die in der ausgebrannten Wohnung zum Vorschein gekommen war. Worauf die Befragung der Polizisten hinausläuft, will die Pressestelle des Münchner Gerichts nicht sagen: «Die Einvernahme der beiden Kantonspolizisten ist letztlich dem Unmittelbarkeitsgrundsatz geschuldet. Nach deutschem Prozessrecht zählen nur unmittelbare Beweise, zeugen sollen nicht aus Akten zitiert werden, sondern erneut direkt befragt werden», sagte eine Sprecherin gegenüber der Zeitung «Der Bund».
Eine Spur des Bundeskriminalamtes hatte bereits 2004 nach Bern und einer hier ansässigen Waffenhandlung geführt. Die in der Brandruine gefundene Pistole war in der Tschechoslowakei hergestellt und an einen Berner Oberländer verkauft worden. Dann gelangte sie in die Hände von Waffenhändlern und ging schliesslich in einer ostdeutschen Nazi-Boutique über den Ladentisch. Im Auftrag von Ralf Wohlleben – Funktionär der rechtsextrem Partei NPD – wurde sie dort gekauft und an die NSU-Mitglieder Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos weitergegeben.
Die Berner Polizisten vernahmen den Oberländer, auf dessen Namen die Pistole lief. NPD-Funktionär Ralf Wohlleben zieht die Aussagen der beiden Berner Kantonspolizisten nun in Zweifel: Bei der Pistole handle es sich laut Wohlleben nicht um die Tatwaffe, schreibt «Der Bund» mit Berufung auf einen Insider.
Dem Berner Oberländer konnte kein direkter Kontakt zum NSU-Trio nachgewiesen werden – das Verfahren wurde eingestellt.
(smü/sda)