Zürichsee-Zeitung: RECHTSEXTREMISMUS Polizeichef Fredy Fässler (SP) hält trotz fehlerhafter Kommunikation zum Kantonspolizei-Kommandanten Bruno Zanga. Die SP-Kantonalpartei ist da weniger gnädig.
Nach dem Auftritt eines rechtsextremen Musikers an einer Feier der Partei National Orientierter Schweizer (Pnos) in Kaltbrunn gehen die Wogen hoch. So wirft die SP St. Gallen der Kantonspolizei unprofessionelles und fahrlässiges Verhalten vor und verlangt den sofortigen Rücktritt ihres Kommandanten Bruno Zanga.
Ihre Forderungen rechtfertigt die Partei unter anderem mit einer Aussage von Fredy Fässler (SP). Der Vorsteher des Sicherheits- und Justizdepartementes sagte nach dem grossen Konzert rechtsradikaler Kreise in Unterwasser: «Ich möchte nicht, dass so etwas nochmals vorkommt, und setze alles daran, damit sich eine solche Veranstaltung in unserem Kanton nicht wiederholt.» Man toleriere solche Veranstaltungen nicht und wolle strikte bei einem Verstoss gegen die Rassendiskriminierungsstrafnorm einschreiten (ZSZ vom 20. 10. 2016). Ebendies sei in Kaltbrunn aber nicht geschehen, argumentiert der Vorsitzende der SP St. Gallen, Max Lemmenmeier. «Sobald die im Einsatz stehenden Beamten Kenntnis von der Anwesenheit des Musikers hatten, hätten diese eingreifen sollen.» So jedoch habe man zugelassen, dass der Mann seine menschenverachtenden Texte verbreiten konnte. «Das ist in keiner Weise zu tolerieren.» Die Verantwortung hierfür trage alleine der Polizeikommandant.
Gutes Krisenmanagement
Anderer Meinung sind die bürgerlichen Parteien FDP, CVP und SVP. In einem gemeinsamen Communiqué stellen sie sich hinter den Kantonspolizei-Kommandanten Zanga. Die Vorgehensweise der Polizei zeuge von einem guten Krisenmanagement. Hätten sich die Behörden anders verhalten oder massiv in die Veranstaltung eingegriffen, wäre beim vorhandenen Gewaltpotenzial der Besucher wohl ein weit grösserer Schaden entstanden, mutmassen die Parteien.
Offen bleibe aus ihrer Sicht hingegen die Frage, weshalb solche Veranstaltungen ohne die Kenntnisnahme der zuständigen Behörden geplant und organisiert werden konnten. Damit stellt sich aus Sicht der drei Parteien grundsätzlich die Frage, ob die heute zur Verfügung stehenden Melde- und Kontrollinstrumente ausreichend sind. Diese Frage müsse jedoch auf der Stufe der Regierung beantwortet werden.
Bedauerlicher Vorfall
Mit den Fragen der bürgerlichen Parteien konfrontiert, meint Regierungsrat Fredy Fässler: «Im Fall von Unterwasser haben der Nachrichtendienst des Bundes sowie die Kantonspolizei St. Gallen erst kurzfristig Ort und Teilnehmerkreis erfahren.» Aber selbst der deutsche Nachrichtendienst sei über die Veranstaltung nicht im Bilde gewesen. Bei der Pnos-Versammlung in Kaltbrunn habe die Kantonspolizei bereits vorgängig die Anordnung einer Einreisesperre gegen den Sänger der Gruppe Flak beantragt. Dass es dem Sänger trotz Informationen der Grenzkontroll- und Polizeibehörden gelang, unerkannt ins Versammlungslokal der Pnos zu kommen, ist aus der Sicht Fässlers bedauerlich. Dürfe den Beamten aber nicht zum Vorwurf gemacht werden, da die Kontrollen an der Grenze nur punktuell erfolgen.
Zanga geniesst Vertrauen
«Natürlich sind aber auch Fehler passiert», räumt Fässler ein. Die Kommunikation über beide Anlässe beziehungsweise über die polizeiliche Vorgehensweise sei unzureichend verlaufen. Hierzu habe er bereits nach Unterwasser das Gespräch mit dem Polizeikommandanten Bruno Zanga gesucht. Warum aber hat die Kantonspolizei dann keine Lehren aus dem Vorfall gezogen? Schliesslich informierte die Kantonspolizei im Fall der Pnos-Feier in Kaltbrunn erst, nachdem bereits Gerüchte über Verhandlungen zwischen Polizei und dem rechtsradikalen Sänger kursiert waren (ZSZ vom 28. 10. 2016).
«Wahrscheinlich war es den Beamten schlichtweg peinlich, dass der Sänger unerkannt an den Veranstaltungsort gelangen konnte», mutmasst Fässler. Bedauerlich sei zudem, dass der Sänger nicht unverzüglich aus dem Versammlungsraum weggeführt worden war. «Das war meiner Meinung nach ein Fehler.» Im Gegensatz zu seiner Heimatpartei SP hält der Regierungsrat die Rücktrittsforderungen gegen den Polizeikommandanten Zanga für unverhältnismässig. «Bruno Zanga hat in seinen sechs Kommandojahren die Kantonspolizei St. Gallen entscheidend weitergebracht. Er geniesst mein volles Vertrauen.»
«Wahrscheinlich war es den Beamten schlichtweg peinlich, dass der Sänger unerkannt an den Veranstaltungsort gelangen konnte.»
Fredy Fässler, SP-Regierungsrat