Tagblatt.
Am Samstag ist Sion-Goalie Timothy Fayulu nach eigenen Angaben von Anhängern des FC St.Gallen als «Affe» beschimpft worden. Wie beurteilen die St.Galler Staatsanwaltschaft und die Stadtpolizei den Wirbel um den mutmasslichen Rassismus im Kybunpark? Reaktionen.
(dar/dwa) Es sind massive Vorwürfe, die im Raum stehen: Beim Heimspiel des FC St.Gallen gegen den FC Sion soll es zu rassistischen Beschimpfungen gegenüber Sion-Torhüter Timothy Fayulu gekommen sein. Der 22-jährige, in Genf geborene Goalie, gab am Tag nach dem Spiel im Internet-TV des Walliser Clubs bekannt, er sei aus der St.Galler Fankurve als «Scheiss Fayulu» und «Fucking Monkey» (Anm. d. Red: «Monkey» heisst auf Deutsch «Affe») beschimpft worden. Die Swiss Football League eröffnete in der Folge ein Verfahren. Der FC St.Gallen seinerseits betonte in einer ersten Stellungnahme, man verurteile jede Form von Diskriminierung und entschuldige sich beim Sion-Goalie. Im Gespräch mit dem «Tagblatt» hielt FCSG-Präsident Matthias Hüppi weiter fest, die Berichterstattung über die Geschehnisse am Samstag, die auch Tumulte zur Folge hatten, sei bis anhin sehr einseitig. Zudem sei bekannt, dass sich der Espenblock klar von Rassismus distanziere.
Gibt es Probleme beziehungsweise strafbare Handlungen in der FCSG-Fanszene, die auf eine politische Gesinnung der Fankurve schliessen lassen? Dionys Widmer, Sprecher der St.Galler Stadtpolizei, erklärt auf Anfrage:
«Nein. Wir haben keine Hinweise darauf, dass eine politische Gesinnung der ganzen Fankurve zuzuschreiben ist. Grundsätzlich setzt sich die aktive Fankurve gegen Rassismus ein.»
Bei einem Spiel im vergangenen Jahr habe die Fankurve beispielsweise selbständig eine Person aus dem Sektor ausgeschlossen, die einen dunkelhäutigen Spieler mit Gesten beleidigt habe. Widmer betont zudem, Vorfälle in Bezug auf Rassismus oder Rechtsextremismus dürften nicht in Verbindung mit der ganzen Fanszene gebracht werden: «Für illegale Handlungen muss jede Person selbst die Verantwortung übernehmen.»
Zu früheren Zeiten haben man auch schon rechtsextreme Personen im Publikum feststellen können, sagt Dionys Widmer weiter. Im Verlauf der Jahre seien diese Personen aber eher aus der Szene gedrängt worden.
Bis dato keine Strafanzeige eingegangen
Rassismus ist ein Offizialdelikt – will heissen: Die Strafverfolgungsbehörde muss die entsprechende Straftat von Amtes wegen verfolgen, wenn sie davon Kenntnis erhält. Auf Anfrage winkt die St.Galler Staatsanwaltschaft zum Thema, ob sie in diesem Fall zwingend ermitteln müsse, allerdings vorerst ab. Sprecherin Beatrice Giger:
«Nachdem vorliegend unklar ist, ob die getätigten Äusserungen tatsächlich im Kontext des Rassismus zu sehen sind, ist die Staatsanwaltschaft nicht von Amtes wegen tätig geworden. Eine Strafanzeige ist bis dato nicht eingegangen bei uns.»
Sollte die Disziplinarkommission der Swiss Football League zum Schluss kommen, dass es sich um einen rassistischen Vorfall handle, würde die Staatsanwaltschaft laut Giger selbstverständlich eine Untersuchung aufnehmen. «Darin würden auch Untersuchungsergebnisse der Disziplinarkommission einbezogen.»
«Scheiss-Mohrechopf»-Rufer bleibt unbehelligt
In den Diskussionen rund um die mutmasslichen Vorfälle vom vergangenen Samstag im Kybunpark wird auch immer wieder an einen Eklat erinnert, der sich vor etwas mehr als einem Jahr ebenfalls im Kybunpark abspielte. Ein Unbekannter hatte Aiyegun Tosin, Angreifer des FC Zürich, als «Scheiss-Mohrechopf» beschimpft. Die rassistische Beleidigung war aufgrund eines Videos publik geworden.
Obwohl damals coronabedingt nur 1000 Fans im Stadion Einlass gefunden hatten, konnte der fehlbare Fan nicht ausfindig gemacht werden. Deshalb wurde das Verfahren schliesslich sistiert.