Mordurteil bestätigt
Das Bundesgericht weist die Beschwerde des Haupttäters im Unterseener Mordfall ab
Es bleibt bei lebenslänglichem Zuchthaus für den Haupttäter im Mordfall Marcel von Allmen. Das Bundesgericht hat dessen Beschwerde abgewiesen und die Kritik an der angeb-lichen Befangenheit des Gerichtspsychiaters verworfen.
Stefan Wyler
Es war eine unwahrscheinlich brutale Tat: Der 19-jährige Marcel von Allmen wurde von seinen Kollegen am 27. Januar 2001 zur Ruine Weissenau in Unterseen geführt, sie legten ihm Handschellen an, verklebten ihm den Mund mit Klebeband und schlugen ihn mit einem Stahlrohr zu Tode. Anschliessend warfen sie die Leiche in den Thunersee. Marcel von Allmen musste sterben, weil er das Schweigegelübde des diffusen rechtsextremen «Ordens der arischen Ritter» gebrochen hatte, den er und seine Mörder gebildet hatten.
Am 29. März 2004 verurteilte das Kreisgericht Interlaken-Oberhasli drei der Täter wegen Mordes an Marcel von Allmen, ausserdem wegen Mordversuchs und Vorbereitungshandlungen zu Mord. Die Gruppe hatte zwei weitere junge Männer umbringen wollen. Das Gericht verurteilte den «Führer» des Ordens als Haupttäter zu einer lebenslangen Zuchthausstrafe, zwei Mittäter kassierten je 16 Jahre Zuchthaus. Der vierte Täter, zur Tatzeit 17-jährig, wurde vom Jugendgericht abgeurteilt und in ein Erziehungsheim geschickt.
Der Gang nach Lausanne
Nur der heute 27-jährige Haupttäter focht das Urteil des Interlakner Kreisgerichts an, er forderte eine Neubeurteilung des Falls in Bezug auf die Strafzumessung. Erfolglos. Das Berner Obergericht bestätigte im August 2005 das Interlakner Urteil ohne Abstriche. In einer staatsrechtlichen Beschwerde rief der Haupttäter nun das Bundesgericht an. Darin kritisierte er ausschliesslich die psychiatrische Begutachtung. Der Experte, der erfahrene Basler Gerichtspsychiater Volker Dittmann, hatte dem Haupttäter weder eine psychische Störung noch irgendeine Verminderung der Zurechnungsfähigkeit attestiert.
Der Anwalt des Haupttäters wirft dem Experten in seiner Beschwerde Befangenheit vor. Mit Professor Dittmann habe es bei der Begutachtung «unüberwindbare Probleme» gegeben, «welche auf unterschiedlicher Gesinnung und diametral anderem politischen Hintergrund basierten». Es sei dabei, so formuliert der Anwalt, «auch zu berücksichtigen, welche Sensibilität das nationalsozialistische Gedankengut heute noch im Allgemeinen und bei den deutschen Staatsbürgern im Besonderen birgt».
Expertise «politisch gefärbt»?
Das Gutachten enthalte denn auch «politisch gefärbte Schlussfolgerungen des Experten», kritisiert der Anwalt. Als Beleg dafür zitiert er Stellen, in denen Dittmann die «teilweise als rechtsextrem einzustufende Einstellung» des Angeklagten als «deliktsfördernd» taxiert, ebenso dessen «starke Abneigung gegen politisch Andersdenkende und bestimmte Minderheiten, insbesondere Ausländer».
Das Bundesgericht kann diesen Einwänden nichts abgewinnen. Es taxiert sie in seinem gestern veröffentlichten Entscheid als «offensichtlich unbegründet». Dass Dittmann deutscher Staatsbürger sei und selber keine rechtsextreme Weltanschauung vertrete, könne offensichtlich nicht den Anschein der Befangenheit belegen. Dittmanns Ausführungen zur rechtsextremen Einstellung des Täters seien zudem «sachbezogen» und erweckten «keinerlei Verdacht der Parteilichkeit oder Voreingenommenheit».
Beschwerde abgewiesen
Zulässig war es laut den Lausanner Richtern auch, dass der Gutachter die Beurteilung der beiden Mittäter an zwei Oberärzte delegierte. Dittmann sei auch befugt gewesen, im Rahmen der Expertise gewisse psychologische Tests durch eine Psychologin durchführen zu lassen.
Das Bundesgericht weist die Beschwerde darum vollumfänglich ab. Es bleibt bei lebenslänglichem Zuchthaus für den Haupttäter im Mordfall von Unterseen.