Mit Worten statt Fäusten

St. Galler Tagblatt

Frauenfeld: Podium zum Thema «Rechtsextreme Gewalt» mit Rechtsradikalen imPublikum

Der Frauenfelder Stadtrat Werner Dickenmann ist an einer Podiumsveranstaltungüber «Rechtsextreme Gewalt» unter Beschuss geraten. In der Diskussionsrundemeldete sich auch ein Rechtsradikaler zu Wort.Madeleine Stäheli Toualbia

«Ich bekam den Eindruck, dass Ängste da sind», sagte Siro Torresan,Podiumsteilnehmer an der gut besuchten Diskussion im Frauenfelder Rathaus.Moderiert wurde der Anlass von Michael Oberholzer, Präsident derJungsozialisten (Juso) Thurgau. Die Juso und die Globalisierungskritiker hatteneingeladen.

Zusammengerückt

Der Journalist und Jugendarbeiter Siro Torresan aus Winterthur, der sich alsLinker bezeichnete, erklärte, es gehe nicht darum, den Schwarzen Peter linksoder rechts zu suchen. Er adressierte seine Voten aber mehrmals direkt anPodiumsteilnehmer und SVP-Stadtrat Werner Dickenmann, indem er ihmVerharmlosung des Problems vorwarf. Dickenmann verteidigte sich, dass dasProblem für den Stadtrat neu gewesen sei. Man habe sich enorm einarbeitenmüssen. Ausserdem hätte der Stadtrat Kontakt zum Eisenwerk und zu denKonzertveranstaltern gesucht. «Wir haben das Problem vom ersten Moment anerkannt. Es ist keine Frage, dass wir dazu stehen.»

Da sei sie nicht immer so sicher, antwortete Podiumsteilnehmerin Eva Büchi,Journalistin und Expertin für Rechtsextremismus. Es habe geheissen, das Problemsei von aussen importiert worden. Sie wollte vom Stadtrat wissen, was ausserdemgemacht worden sei, um künftige Eskalationen zu verhindern. Die betroffenenÄmter, Stellen sowie Eltern und Schulen seien durch die Problematikzusammengerückt, erklärte Dickenmann. Der Stadtrat habe auch Kontakt mitMichael Oberholzer, Präsident der Juso, sowie mit Vertretern der rechten Szeneaufgenommen. Man habe zuerst erkennen müssen, wo der Keim des Problems stecke.

Feindbilder auf beiden Seiten

Seit zweieinhalb Jahren habe Frauenfeld eine Integrationsfachstelle, über dieversucht werde, Ausländer zu integrieren, führte Dickenmann weiter aus. Auchseien Projekte für Jugendliche am Laufen. «Es handelt sich um einenlangfristigen Prozess», so Dickenmann.

Konzertveranstalter Pascal Schulz, vierter Podiumsteilnehmer, betonte, dass esbei den Ska- und Punkkonzerten ganz allein um die Musik gehe und dass keinerleipolitische Absichten damit verknüpft seien. Er verstehe nicht, warum in andernStädten solche Konzerte ohne Zwischenfälle durchgeführt werden könnten. SiroTorresan antwortete, dass es kein Zufall sei, dass solche Konzerte gestörtwürden. Es seien sowohl von links wie von rechts Feindbilder vorhanden. DasProblem sei nicht auf den Thurgau beschränkt, habe aber im Thurgau zugenommen.

Einseitig zusammengesetzt

Aus dem Publikum wurde in der anschliessenden Diskussion kritisiert, dass diePodiumsteilnehmer einseitig aus dem linken Lager stammten und dass keinRechtsradikaler vertreten sei. Ein Publikumsgast behauptete, dass bekannteSVP-Politiker Vorbilder der Rechtsextremen seien. Ein anderer Gast meinte, dasssich die Links- und die Rechtsextremen im Grunde sehr ähnlich seien.

«Es tut mir Leid»

Eine Gruppe Rechtsradikaler hatte sich mit Verspätung im Saal eingefunden.Einer, der seinen Namen nicht nennen wollte und nach eigenen Worten schon seitzehn Jahren dabei ist, wagte sich bis zum Podium vor. Er erklärte, die Bewegungin Frauenfeld sei noch sehr jung. Ausserdem tue es ihm sehr Leid, was inFrauenfeld passiert sei. «Das ist das Letzte, das verabscheue ich auf den Tod.»Der Betreffende lehnt Gewalt nicht prinzipiell ab, aber sicher in diesemAusmass, wie sie geschehen sei. Dann schilderte er die Sichtweise und Aufgabeder Rechtsradikalen.

Als Schlusswort wünschten sich die Podiumsteilnehmer ein Wegkommen von derGewalt. Stadtrat Werner Dickenmann begrüsste zudem die Mitwirkung aus dem Saal.Er hoffe, dass Jugendkonzerte in Frauenfeld wieder durchgeführt werden könntenund dass in Zukunft mit Worten, nicht mit Fäusten gefochten werde.