Unterleberberg Die Kreisschule in Hubersdorf führt Projekt zum Thema Extremismus durch
An der Kreisschule Unterleberberg in Hubersdorf wurden rassistische Tendenzen festgestellt. Heute geht eine Projektwoche zum Thema «Umgang mit Extremen und Rassismus» zu Ende.
christof ramser
Aus dem Untergeschoss des Schulgebäudes schallt einem laute Musik entgegen. Die Rhythmusgruppen sind am Üben. Zu vernehmen ist ein Durcheinander von Trommeln und Rasseln, bis jemand «Halt» ruft und dem wilden Treiben ein Ende setzt. «Dadurch wollen wir das Miteinander fördern und die Schüler motivieren, zusammen gegen extreme Situationen vorzugehen», sagt Beat Beiner, einer der beiden Schulleiter der Kreisschule Unterleberberg in Hubersdorf. In dieser Woche finden dort klassen- und fächerübergreifende Projekte zum Thema «Umgang mit Extremen und Rassismus» statt. Dies nicht von ungefähr. Beiner bestätigt: «Wir fanden rechtsextreme Symbole in der Umgebung der Schule. Zudem provozierten sich Schüler durch das Tragen von extremistischen Logos auf Kleidern. Dieser gegenseitigen Aufschaukelung wollen wir entgegenwirken.»
Holocaust – was ist das?
«Es gibt zwar nicht viele Ausländer an unserer Schule, aber trotzdem werden sie zum Teil von Rechtsextremen fertiggemacht», sagt eine Schülerin. Sie finde es wichtig, dass frühzeitig auf solche Vorkommnisse aufmerksam gemacht wird. Beiner erklärt weiter: «Von zehn Schülern haben acht bereits eine Ausgrenzung erlebt, und sei es nur dadurch, dass sie von einem Türsteher aus Willkür nicht in eine Disco hereingelassen wurden. Wir zeigen auf, was Extremismus überhaupt ist, sei dies nun Willkür, Ausgrenzung oder Menschenverachtung.» Dass tatsächlich Informationsbedarf besteht, zeigen die Wissenslücken der Schüler über den Holocaust.
Um etwas gegen die aufkeimenden radikalen Tendenzen zu unternehmen, stellte die Schulleitung mit Fachleuten vom Kinderdorf Pestalozzi in Trogen die Projektwoche zusammen. Sie ersetzt den normalen Lektionsplan komplett. Es gibt acht verschiedene Pflichtposten, welche von allen Schülern absolviert werden müssen. Beispielsweise den Posten «Schwarzfahrer», in dem eruiert werden soll, wo Rassismus anfängt und welche Gesetze diesbezüglich existieren. Für den Mittwoch waren zwei Wahlblöcke eingeplant, wo die Schüler aus diversen Angeboten ihre favorisierten heraussuchen konnten. «Diese Aktivitäten sind alle produktorientiert, die Gruppen werden am heutigen Wochenabschluss vorstellen, was sie geschaffen haben», sagt Beiner. «Hergestellt wurde etwa eine Regenbogenfahne, welche in einem feierlichen Akt als Friedenssymbol draussen aufgestellt und einbetoniert wird.» Oder es wurde ein Selbstverteidigungskurs für Mädchen durchgeführt.
Grenzen aufbrechen
Anders als bei den Pflichtposten wurden die Gruppen bei den Wahlfächern klassenübergreifend zusammengewürfelt. Dazu wies Beiner auf einer Liste jedem Schüler eine eigene Nummer zu und mischte diese dann nach dem Zufallsprinzip. Erreicht werden sollte dadurch, dass sich die Schüler in neuen Gruppen zusammen arrangieren müssen und dadurch Grenzen aufgebrochen werden.
Am Dienstag und am Donnerstag unterrichteten zudem externe Kursleiter vom Kinderdorf Pestalozzi an der Schule. Sie führten mit den Schülern handlungsorientierte Projekte wie zum Beispiel Bildermalen durch, in denen die Teilnehmenden, ganz im Sinne des grossen Pädagogen, alles durch Kopf, Herz und Hand verinnerlichen sollten. Zum Ausdruck kommen solle dabei, dass der Mensch grundsätzlich vom Kopf gesteuert sei, so Beiner.
«Aufeinander hören»
Am Rhythmusposten im Untergeschoss haben die beiden Gruppen unterdessen eigene Kompositionen entwickelt. Sie sitzen im Kreis und präsentieren ihre einstudierten Stücke. «Langsam anfangen», ermahnt die vorher ausgewählte Gruppenleiterin die anderen Schüler. Nach und nach setzen immer mehr Instrumente ein, bevor das kurze Stück wieder leiser wird und ausklingt. Wer hat sich bei dieser Übung einsam gefühlt? Die Frage Beat Beiners, der diesen Posten betreut, bleibt unbeantwortet. Danach führt er eine spielerische Übung durch. Er schlägt einen Takt an und die Schüler müssen, unter Einhaltung bestimmter Regeln, mit ihren Instrumenten einstimmen und wieder aufhören zu spielen. Auf die Frage, was diese Übung denn mit Extremismus oder Rassismus zu tun hat, geben sich die Schüler kleinlaut, doch es fallen die Argumente «man muss gut aufeinander hören», «die Zusammenarbeit ist wichtig», «andere Meinungen akzeptieren» oder «manchmal muss man sich zurückhalten mit der Lautstärke».
In der Pause werden die Schüler wieder lauter. Zu hoffen ist, dass sich die Gespräche um die eben behandelte Thematik drehen…