«Mieter war nicht als Rechtsradikaler erkennbar»

BernerZeitung

Das Skinhead-Treffen in Lyss sei nicht zu verhindern gewesen: Darin sind sich die Gemeinde und die Kantonspolizei Bern einig.

Die Nachricht hat in Lyss für einigen Wirbel gesorgt: Am Wochenende veranstalteten mindestens 250 Rechtsradikale im Schützenhaus «Winigraben» ein Konzert. Pikant ist, dass das Schützenhaus der Gemeinde Lyss gehört. Geleitet wird der Betrieb auf dem Boden der Gemeinde Grossaffoltern aber vom Schützenverein, welcher es auch den Rechtsextremenvermietete.

«Unmöglich zu erkennen»

«Es war unmöglich, den Mieter als Rechtsradikalen zu erkennen», verteidigt der im Lysser Gemeinderat für die Sicherheit zuständige Andreas Hegg die Schützen. Der Mann habe das Treffen im Voraus als Geburtstagsparty mit rund 50 Gästen deklariert. «Das ist eine übliche Vorgehensweise», sagt Olivier Cochet, Mediensprecher der Berner Kantonspolizei. Am Ende sah das Fest aber ganz anders aus. Aus der Party war ein Konzert geworden, und die Zahl der Gäste hatte sich plötzlich verfünffacht.

Die Polizei informierte die Gemeinde am Samstagnachmittag. Beamte führten beim «Winigraben» Personenkontrollen durch und stiessen dabei auch auf alte Bekannte. Verbotene Gegenstände wie Waffen oder Propagandaschriften fand die Polizei keine. Die Szene wisse genau, dass sie überwacht und kontrolliert werde. «Es ist für uns daher sehr schwierig, zu erfahren, wann und wo die Treffen stattfinden», sagt Cochet. Die Rechtsextremenwürden sich erst im letzten Moment gegenseitig per SMS informieren. Wie die Polizei zu den Informationen gelangt, wollte Cochet nicht verraten.

Viel Lärm im Gebiet

«Das Konzert war so laut, dass ich die Musik in Lyss hörte», sagt Hegg. Er sei extra nach Ammerz-wil gefahren und habe den Lärm auch dort gehört. «Die Polizei erhielt aber überraschenderweise keinerlei Beschwerden.»

Die Gemeinde zieht Konsequenzen aus dem Vorfall: Sie fordert alle lokalen Vereine, welche Liegenschaften vermieten, auf, beim kleinsten Zweifel Kontakt mit den Behörden aufzunehmen. Man will verhindern, dass es ein weiteres Mal zu einem derartigen Treffen kommt.

Kritik an der Polizei

Der Vermieter habe keine Chance gehabt, sagt der Luzerner Rechtsextremismus-Beobachter Hans Stutz. Es laufe oft nach dem gleichen Schema ab: «Ein nett aussehender Mann, dem man den Rechtsextremennicht gibt, tritt als Mieter auf.» Mehr Möglichkeiten hatte gemäss Stutz die Polizei. Es sei unter anderem die deutsche Gruppe Blitzkrieg aufgetreten, die gemäss deutschem Verfassungsbericht zum «Rassenkrieg» aufruft. «Die Polizei hätte das Konzert kurzfristig absagen können», sagt Stutz. Gemäss Insidern ist sie aber früh abgezogen. Danach seien nochmals etwa 25 Autos vorgefahren.