Tagblatt. Im Appenzellerland leugnen einzelne Bürgerinnen und Bürger die staatlichen Institutionen. Die Einzelfälle verursachen viel Aufwand und schwierige Situationen für die Kantonsangestellten.
Spätestens seit der Pandemie hat die Akzeptanz mancher Bürgerinnen und Bürger für den Staat abgenommen. Lauter und öffentlicher als zuvor kritisierten sie Bund und Kantone. Der regierende Landammann aus Appenzell Innerrhoden Roland Dähler spürt diese kritische Haltung. Er sagt: «Inzwischen gibt es Bürger, die meinen, der Staat habe ihnen gar nichts zu sagen. Sie erkennen den Staat als solches nicht mehr an.»
Während der Pandemie erreichten ihn kritische E-Mails oder Briefe. Dähler habe seinen Angaben zufolge nur geantwortet, wenn der Ton anständig gewesen sei. Er habe sich zur Gewohnheit gemacht, mit kritischen Bürgerinnen und Bürgern das persönliche Gespräch zu suchen. Manche Diskussionen seien gut verlaufen, etwa wenn er Falschinformation richtigstellen oder den Standpunkt der Regierung erklären konnte. «Oft ging es auch darum, dass sich die Menschen ernstgenommen fühlten.»
Einige machen einfach nicht mit
In anderen Gesprächen waren die Fronten so unterschiedlich, man wurde sich nicht einig. Es sind Einzelfälle, welche nach der Pandemie kritisch geblieben sind, so Dähler.
Die Tendenz, die staatlichen Institutionen zu verweigern, spüren die Kantonsangestellten direkt. Beim Betreibungs- und Konkursamt sammeln sich die Fälle, denn oftmals werden Steuerrechnungen oder andere Gebühren von Ämtern und Behörden nicht bezahlt. Der stellvertretende Amtsleiter Pascal Fässler sagt: «Wir haben einzelne Personen, welche die Legitimität des Bundes und der Kantone sowie deren Gesetze anzweifeln. Sie ignorieren Zahlungsbefehle und Amtseinladungen.» Diese Bürgerinnen und Bürger würden ihre Haltung gegen aussen verbergen, seien aber bei den Ämtern bekannt.
Angesichts der rund 1400 Innerrhoder Betreibungsfälle im Jahr sind es wenige Fälle, die jedoch einen enormen Aufwand verursachen. Das Betreibungsamt versucht wiederholt, die Schuldner zu erreichen, meist aber vergeblich. Jeder Versuch kostet, wodurch eine überschaubare Schuld doppelt oder dreimal so teuer werden könne, so Fässler. Dafür haften zwar die Schuldner. Deren Gläubiger müssen die Kosten aber vorleisten und bleiben manchmal darauf sitzen.
Schwierige Begegnungen für Kantonsangestellte
Die Staatsverweigerer verursachen absurde Situationen. Wenn sie beim Amt vorbeikommen, seien sie konfrontativ, so Fässler. Sie wollen Beamtenausweise sehen oder sagen, dass die Ämter Privatunternehmen seien. Die Rechnungen oder Zahlungsaufforderungen seien illegal, weswegen sie diese nicht bezahlen wollen, sagen sie. Oft hätten sie eine Begleitperson dabei. Fässler sagt: «Für uns Angestellte sind diese Begegnungen schwierig. Man kommt auf keinen grünen Zweig.» Auch in diesen Verfahren schöpfe das Betreibungsamt seine rechtlichen Möglichkeiten aus.
Die Ämter erhalten Briefe von diesen Bürgern, welche auf einschlägigen Websites heruntergeladen werden können. Darin stehen vermeintliche Rechtssätze, welche aus internationalem Recht zusammengesetzt sind und meist auf eine Anzeige beim internationalen Gerichtshof abzielen, so Fässler.
Roland Dähler sagt, dass Gesetze für alle gelten. Ohne sie würde einiges in der Gesellschaft nicht mehr funktionieren. Wer sich nicht daran halte, der muss die Konsequenzen tragen, welche unbequem sein können. Er sagt: «Ich frage mich manchmal schon, ob sich die Personen auch den Folgen bewusst sind, wenn sie sich einfach nicht an die Regeln halten.»
Hohe Kosten zu Lasten der Allgemeinheit
Georg Amstutz, Leiter des Ausserrhoder Kommunikationsdienstes, schreibt auf Anfrage, dass in Ausserrhoden Personen leben, die unsere Demokratie in Frage stellen und sich den staatlichen Gesetzen und gesellschaftlichen Regeln verweigern. Dies äussere sich nicht nur im Verhalten gegenüber verschiedensten Ämtern und Behörden, wodurch ein grosser zusätzlicher Aufwand entsteht. «Diese Personen verursachen so hohe Kosten zu Lasten der Steuerzahlerinnen und -zahler, zu Lasten der Allgemeinheit.»
Betroffen seien verschiedene Verwaltungsstellen, so Amstutz. Dabei sei die Gleichbehandlung von Bürgerinnen und Bürgern dem Regierungsrat ein wichtiges Anliegen. Aus diesem Grund lege er Wert auf eine konsequente Umsetzung der gesellschaftlichen und staatlichen Regeln.