Rechtsextremismus Mehr als jeder sechste rassistische Vorfall geschah 2005 im Kanton Bern
Die Zahl der rassistischen Vorfälle in der Schweiz ist leicht gesunken. Im Jahr 2005 zählte die Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus 93 Vorkommnisse – darunter zahlreiche im Kanton Bern. Immer häufiger sind die Opfer Muslime.
Simon Schärer
Zugenommen haben insbesondere die Fälle von verbalem Rassismus. Etwa während des Kinder- und Blumenfests Solätte in Burgdorf, als ein junges Paar von Rechtsextremen angegriffen wurde. Nach der Flucht in ein Restaurant wurde der dort anwesende SP-Stadtrat und schweizerisch-israelische Doppelbürger Nadaw Penner als «Saujude» beschimpft. Drei der Beteiligten müssen sich am 21. April vor Gericht verantworten. Unter ihnen auch der ehemalige Berner Chef der Partei national orientierter Schweizer, Pascal Lüthard.
Im Gegenzug hat die Zahl der rechtsextremen Aufmärsche und der Angriffe auf die persönliche Integrität abgenommen. Insgesamt zählt die Chronologie der rassistischen Vorfälle der Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus 93 Vorfälle auf – 17 davon im Kanton Bern. Im Jahr 2004 warens 105. Die Entwicklung sei gesamthaft betrachtet eher positiv, schreibt die Stiftung in einer Medienmitteilung. Sie hält aber gleichzeitig besorgt fest, dass die vermehrten Angriffe auf Menschen muslimischen Glaubens ein warnendes Zeichen seien, «dass auch neue Formen von Rassismus in der Schweiz aufflammen können».
Roggwil gleich doppelt erwähnt
Neben rassistischen und rechtsextremen Vorfällen, die national Schlagzeile gemacht haben – etwa der Aufmarsch auf dem Rütli oder das heimlich von einem Fernsehteam gefilmte Skinhead-Konzert im Wallis -, finden auch mehrere Ereignisse aus der Region Einzug in die Chronologie. So kommt Roggwil gleich doppelt vor: Einerseits mit der Maitanne, auf der ausschliesslich die Namen von Schweizer Frauen aufgeführt waren, andererseits mit der Hausdurchsuchung im Proberaum der Nazi-Rockband «Indiziert». Die Kantonspolizei beschlagnahmte Ende 2005 zahlreiche Flugblätter und Tonträger. Zurzeit ermittelt das Untersuchungsrichteramt in Burgdorf in diesem Fall. Das Probelokal wurde der Band inzwischen gekündigt.
Weiter erwähnt wird auch eine Party des Strassenhockey-Clubs Steckholz im Mai. Recherchen dieser Zeitung hatten ergeben, dass die rechtsextreme Kameradschaft der «Helvetischen Jugend» und ein Szeneladen als Party-Sponsoren auftraten. Der Anlass wurde daraufhin abgesagt.
Skinheadmagazin aus Langenthal
Daneben enthält die Chronologie einen Überblick über die rechtsextreme Szene. Auch hier fehlen regionale Organisationen nicht. So wird ein bisher unbekanntes Magazin namens «Der Widerstand. Das Langenthaler Skinheadmagazin» erwähnt, dass aus dem Umfeld der «Helvetischen Jugend» herausgegeben werde. Darin sei unter anderem zu lesen: «Nationalismus, Patriotismus und Skinheadkult sind zwar sehr schöne Wörter und Ansichten, aber unsere Anstrengungen müssen in Richtung eines nationalsozialistischen Staatssystems führen.»
Die Chronologie wird aktuell im Internet unter www.gra.ch nachgeführt.