Newsnetz vom 10.06.2011
SVP-Nationalrat Oskar Freysinger traf gestern im holländischen Den Haag seinen Gesinnungsgenossen, den Islam-Warner Geert Wilders. Ein Journalist von «Le Temps» hat das Treffen beobachtet.
Eigentlich war das erste Treffen der beiden im Wallis geplant. Doch Freysinger wurde ausgeladen, wo er ein Obdach für den Besuch suchte. Geert Wilders, der holländische Rechtspopulist, ist europaweit bekannt für seine Angriffe gegen den Islam. Ein Besuch unter diesen Vorzeichen war im Wallis offenbar allen zu heikel. Also reiste der Schweizer kurzerhand nach Holland. Ein Journalist der Westschweizer Zeitung «Le Temps» folgte Freysinger. Er sollte nach eigenen Angaben der einzige Schweizer Medienschaffende bleiben. Unter dem Titel «Oskar Freysinger und Geert Wilders, der Pakt» (Artikel online nicht verfügbar) beschrieb er Stimmung und Parolen der beiden Rechtspopulisten.
Wilders will sich von der Schweiz inspirieren lassen. «Wir wollen unsere Initiativen vervielfachen. Wir sind am Anfang von etwas sehr Grossem», so der holländische Politiker. Angetan hat es ihm besonders die Minarett-Initiative. Die beiden Politiker schossen sich diesmal nicht nur gegen den Islam ein, auch die Schuldenstaaten Griechenland und Portugal bekamen ihr Fett weg. Am Treffen ging es auch um die Möglichkeit einer künftigen Zusammenarbeit. Da war zum Beispiel von einer gemeinsamen Europa-Tour die Rede. Vorerst aber plant Freysinger, den Holländer im September doch noch in die Schweiz zu bringen.
Kritik am Treffen
Der 47-jährige Wilders ist umstritten, weil er den Islam als «faschistische Ideologie von Terroristen» beschimpft und den Koran mit Adolf Hitlers «Mein Kampf» vergleicht. Auf Betreiben von Einzelpersonen und einzelnen Organisationen läuft in Holland seit dem vergangenen Jahr ein Prozess gegen Wilders. Aber: Beim letzten Verhandlungstag vor zwei Wochen plädierte selbst die Staatsanwaltschaft für einen Freispruch. Die Äusserungen Wilders stellten zwar eine oft harsche Kritik des Islams dar. Sie seien jedoch objektiv nicht gegen Muslime, also nicht gegen Menschen gerichtet gewesen und damit nach niederländischem Recht nicht strafbar, argumentierte die Staatsanwaltschaft. Zudem habe Wilders seine Kritik meist im Zuge politischer Auseinandersetzungen geäussert. Ein Urteil wird für den 23. Juni erwartet.
In Internetforen gab es kritische Kommentare über die Annäherung zwischen Freysinger und Wilders. «Da sieht man, wie nahe die SVP dem rechtsextremen Gedankengut steht», heisst es zum Beispiel in einem Kommentar zu einem Artikel zum Thema, der kürzlich auf publiziert wurde. Oder: «Muss man sich gleich mit Rechtsextremen verbünden, um Kritik am Islam zu üben?» Freysinger selber verteidigte gestern gegenüber das Treffen mit Wilders, dem der Ruf eines Islamfeindes und Rechtsextremisten vorauseilt: «Er ist doch gar nicht rechtsextrem.» (cpm/vin)