Berner Zeitung vom 13.10.2010
Die Anti-Minarett-Demo vom Samstag in Langenthal hat ein Nachspiel: Organisator Dominic Lüthard von der rechtsextremen Pnos wird angezeigt. Der Grund: Der Roggwiler hat mit dem Besen Minarette weggewischt.
Dominik Balmer
Die Anti-Minarett-Demo der rechtsextremen Partei National Orientierter Schweizer (Pnos) vom Samstag in Langenthal ist ohne grosse Friktionen über die Bühne gegangen. Doch jetzt folgt ein juristisches Nachspiel: Heinz Kaiser, schweizweit bekannt als «Neonazi-Jäger», hat die Organisatoren der Demo angezeigt. Dies bestätigte gestern die Aargauer Kantonspolizei. Betroffen sind unter anderen der Roggwiler Dominic Lüthard, Vorsitzender der Pnos Oberaargau, und der Thunstetter Willi Frommenwiler, Präsident der kantonalen Autopartei.
«Ganz klar ein Nazi-Bild»
Der Grund für Kaisers Schritt: An der Demo wischte Pnos-Lüthard mit dem Besen Kartonminarette von einer Schweizer Fahne. Damit erinnere die Pnos an ein Plakat aus den 30er-Jahren, wie es die nationalsozialistische Nationale Front seinerzeit unter dem Motto «wir säubern» kreiert habe, sagte Kaiser gegenüber Blick.ch. Die Aktion von Lüthard stelle ganz klar dieses «Nazi-Bild» nach.
Auf Anfrage erklärt Kaiser: Das Wegwischen der Minarette ziele auf die Moslems ab. Und deswegen handle es sich um einen Verstoss gegen die Anti-Rassimus-Strafnorm.
Pnos-Leute verurteilt
Zudem erinnert der «Nazi-Jäger» an ein Plakat, das die Pnos vor ein paar Jahren für den Wahlkampf im Aargau eingesetzt hatte. Darauf wischt der gleiche Besen die gleichen Menschen weg wie auf dem Original aus den 1930er-Jahren. Und am oberen Rand prangt ebenfalls der Schriftzug «Wir säubern». Für dieses Plakat sind laut Blick.ch vier Exponenten der Pnos verurteilt worden.
Von beiden Plakaten will Organisator Lüthard nichts gewusst haben, wie er auf Anfrage behauptet. Die Anzeige von Kaiser findet er denn auch «völlig übertrieben». Das Wegwischen der Minarette sei ja nur symbolisch passiert. Es hatte «einen gewissen Unterhaltungswert, und es tut mir auch nicht leid». Darüber hinaus hätten die Anwälte der Pnos die Aktion geprüft. Der Berner Medienanwalt Franz A.Zölch sagt allerdings: Attribute wie «Besen» und «Säuberung» seien vor dem Hintergrund dieses Frontistenplakats nicht unproblematisch. Zumal die Aktion in Langenthal stattgefunden habe, wo das Minarett ja, zumindest vorerst, bewilligt worden sei. Laut Zölch können selbst Gebärden als rassistisch taxiert werden. Ein abschliessendes Urteil kann aber auch er nicht abgeben. In der Praxis fehlen die Urteile zur Anti-Rassimus-Strafnorm, und das Gesetz lässt sich breit auslegen.
Öffentlich am Pranger
In einem anderen Fall ist Zölchs Verdikt allerdings glasklar: Die Pnos Oberaargau hat am Montag neun Porträtbilder von angeblich linken Gegendemonstranten vom Samstag auf ihrer Webseite aufgeschaltet. «Das ist eine klassische Persönlichkeitsverletzung», sagt Zölch. Unter der Voraussetzung allerdings, dass sich die abgebildeten Personen nicht aktiv an der Demo beteiligt hätten. Doch selbst dann findet er: Das reiche nicht aus, um die Personen «öffentlich an den Pranger» zu stellen.
Für Pnos-Lüthard sind die Fotos eine «Vorsorgeaktion für die Zukunft». Es gehe darum, den Linken zu zeigen, dass sie sich «nicht wohl fühlen können». Lüthard ist «zu 99 Prozent» sicher, dass die Fotos auch tatsächlich Linksextreme zeigen.
Wer hat die Fotos gemacht?
Die Berner Antifa aber winkt ab. Es seien wohl eher Bilder von den zahlreichen Schaulustigen, schreibt die Antifa in einer Mail. Eigene Leute seien nicht dabei. Wer die Fotos geschossen hat, ist unklar. Laut Lüthard soll es «ein Anwohner» gewesen sein. Einen Namen will er nicht nennen.