Der Bund vom 11.02.2013
Der Fackelmarsch von Rechtsextremen in Bern am Samstag ist abgesagt. Mit-Organisator Jonas Schneeberger nimmt Stellung.
Am Samstag machte eine Mitteilung des «antifaschistischen Pressekollektivs Südniedersachsens» die Runde, welche auf indymedia.org veröffentlicht worden war: Am 16. Februar um 19 Uhr solle in Bern ein Fackelmarsch von Neonazis stattfinden – just am Fasnachtssamstag. Am Sonntag folgte die Reaktion aus linksradikalen Kreisen: Unter dem Motto «Nicht lange fackeln mit Nazis» rief eine antifaschistische Gruppierung zur Gegendemo auf.
«Legion Werwolf» sagt Anlass ab
Der 30-jährige Berner Oberländer Jonas Schneeberger ist nach eigenen Angaben Mitorganisator der Fackelzug-Veranstaltung. Er bestätigt gegenüber , dass ein Umzug geplant war. Er und ein Kollege hätten im Namen der schweizerischen Gruppe Legion Werwolf zum Umzug aufgerufen: «Rund 50 Personen aus der Schweiz und aus Deutschland wollten teilnehmen, inzwischen haben wir den Anlass aber verschoben.»
Schneeberger war 2011 Nationalratskandidat der Schweizer Demokraten. Als die «SonntagsZeitung» eine Aufnahme von Schneeberger publizierte, die ihn in Hitlergruss-Pose im ehemaligen Konzentrationslager Buchenwald zeigt, schloss ihn die Partei aber aus.
Ein heikles Datum
Mit dem 16. Februar hat sich der Berner ein heikles Datum für einen Fackelmarsch ausgesucht. Denn es fällt nicht nur in die Narrenzeit, sondern auch sehr nahe an den Jahrestag der Bombardierung Dresdens durch die Allierten im Februar 1945. Die rechtsextreme Szene Deutschlands veranstaltet zu diesem Datum regelmässig «Gedenkanlässe». Schneeberger bestreitet allerdings jeden Zusammenhang.
Viel eher habe man gegen die «linke Gewalt» in Bern marschieren wollen. «Wir wollten zeigen, dass wir auch noch da sind.» Die Linken könnten in Bern ja tun und lassen, was sie wollten, sagt Schneeberger. Im Gegensatz zu vielen Demonstrationen aus linken Kreisen verliefen ihre Versammlungen «meist friedlich».
Dies führt Schneeberger auch als Grund an, dass man den Anlass am Wochenende nun nicht stattfinden lässt. In Kombination mit der Gegendemonstration, die «Antifa Bern» angekündigt hat, hätte es «Lämpe» gegeben. «Das wollen wir nicht», sagt Schneeberger.
«Es wurde nirgends mobilisiert»
Samuel Althof, Leiter der Fachstelle Extremismus- und Gewaltprävention in Basel, rechnete von Anfang an nicht mit einer Durchführung des Anlasses: «Ich wurde bereits stutzig, als ich die Artikel in den Medien las: Es ist sehr schwer vorstellbar, dass sich Neonazis als Stätte eines Umzugs eine Stadt aussuchen, in der soeben ein Volksfest stattfindet», so Althof. Ein Fackelumzug sei ein symbolisch aufgeladener Akt. «Im Fasnachtstreiben würde die Botschaft verloren gehen.»
Auch auf einschlägigen Seiten deutscher und Schweizer Rechtsnationaler sei der Anlass in Bern kaum existent gewesen: «Es wurde nirgends mobilisiert», sagt Althof. Stattdessen gibt es reihenweise Dementi auf Facebook: Der Anlass sei abgesagt worden, so der Kanon, die Presse sei schlecht informiert. Die ursprüngliche Meldung der Antifa Bern hatte als Beleg für die Absichten der Neonazis lediglich auf «deutsche Quellen» verwiesen.
Die Polizei gibt Entwarnung
Auch die Polizei ist nicht der Ansicht, dass Bern am Samstag zur Stätte eines Fackelmarsches wird. «Gemäss unseren Kenntnissen und dem heutigen Stand gehen wir davon aus, dass der Umzug abgesagt wurde», so Michael Fichter, Leiter der Medienstelle der Kantonspolizei Bern.
Entsprechend werde von den Organisatoren der Gegendemo jetzt erwartet, dass der Anlass abgesagt werde – «gerade mit Blick auf die unbeteiligten Personen, die sich am Samstag in der Stadt Bern aufhalten werden», sagt Fichter. Am Fasnachtsumzug und später werden gemäss den Fasnachtsorganisatoren rund 70’000 Menschen in Berns Gassen unterwegs sein. Die Antifa nahm gegenüber bislang keine Stellung.
Gewappnet für eine Neuauflage?
Zuletzt kam es am 8. März 2009 es zu einer Demonstration von rund 150 Rechtstradikalen in Bern. Das Gros der Polizeikräfte war an jenem Tag in Burgdorf bei einer Kundgebung der Antifa im Einsatz. Auf die Frage, ob die Polizei erneut von einem Umzug Rechtsradikaler überrascht werden könnte, will Michael Fichter nicht eingehen. «Wir werden am Samstag ohnehin mit einem Dispositiv vor Ort sein und die Situation im Auge behalten.»
Laut Schneeberger ist der Fackelumzug denn auch nicht abgesagt, sondern bloss verschoben. Wann und wo er stattfinden soll, gibt Schneeberger nicht bekannt.