Rassismus · Die SVP der Stadt Luzern diffamiert den aus Sri Lanka stammenden Grossstadtrat Lathan Suntharalingam.
Von Erich Hirtler
Lathan Suntharalingam (31), SP-Mitglied, erhielt letztes Jahr bei den Wahlen ins Luzerner Stadtparlament am zweitmeisten Stimmen aller KandidatInnen. Dieser Erfolg wie auch seine direkte Ausdrucksweise stachen der SVP rasch in die Nase. Was hatte einer aus Sri Lanka, der erst seit sieben Jahren eingebürgert ist, so «vorlaut» zu sein? Suntharalingam hielt sich nie zurück. Kaum war er vor siebzehn Jahren in Luzern angelangt, engagierte er sich in Integrationsfragen. Er absolvierte Ausbildung um Ausbildung, vom Krankenpfleger zum Intensivkrankenpfleger und nun zum Sozialarbeiter. Politisch fiel er etwa in der TV-Sendung «Arena» auf, als er den Rücktritt Christoph Blochers als Bundesrat forderte. Oder er betitelte die SVP als «Anwältin der Neonazis», nachdem diese Rechtsextreme wiederholt in Schutz genommen hatte.
Diese verbalen Attacken nahm die Stadtluzerner SVP zum Anlass, den «Neuschweizer» jüngst in ihrem Parteiorgan «Klartext» mancher «Unverfrorenheiten» zu bezichtigen. So suggerierte sie Straftatbestände bei einem Hauskauf der Familie Suntharalingam. Unterstellungen, die jeder Grundlage entbehren. Der Artikel ist, wie alle anderen auch, nicht gezeichnet. Nur das Editorial des «Klartexts», der alle Haushaltungen der Stadt bediente, ist dem Ortsparteipräsidenten René Kuhn zuweisbar. Als Adresse gibt das Parteiblatt die Pilatusstrasse 58 an. Dort hatte bis vor kurzem das Anwaltsbüro Habermacher, Ulrich & Partner sein Domizil. Roland Habermacher, SVP-Fraktionschef im Stadtparlament, ist jetzt vollamtlicher Amtsrichter in der Stadt Luzern, ein Staatsbesoldeter also, eine Menschenklasse, die die SVP auch in dieser «Klartext»-Ausgabe verunglimpft.
Seit der Schmähschrift ist das politische Klima in der Stadt Luzern getrübt. Die SP-Fraktion behält sich im Wiederholungsfall rechtliche Schritte vor. «Die ständigen Gerüchte machen es schwierig, im Grossen Stadtrat mit der SVP zusammenzuarbeiten», sagt SP-Fraktionschef Beat Züsli. Auf einen Brief der SP antwortete die SVP: Wenn einer so austeile, müsse er auch einstecken können. Der «Klartext» werde weiterhin die Wahrheit schreiben. Unterzeichnet ist der Brief unter anderem von Parteipräsident René Kuhn und Fraktionschef Habermacher. In jedem Fall unverfrorener als Suntharalingam dürfte Kuhn (38) sein, der 1999 trotz aufgeflogenem Handel mit dominikanischen Frauen für den Nationalrat kandidierte. 2002 sattelte er beim Niedergang der Freiheitspartei auf die SVP um, für die er seit 2003 als Grossstadtrat gegen Einbürgerungen oder die Erbschaftssteuer wettert.
Aus Anlass der rassistischen Übergriffe im Toggenburg war Suntharalingam am Dienstag dieser Woche Gast im «Zischtigsclub» des Schweizer Fernsehens. Dabei erwähnte er, unmittelbar auf die SVP-Attacke mit anonymen Schmäh- und Drohbriefen eingedeckt worden zu sein. ·