Die Südostschweiz vom 18.12.2009
Von der Hooliganszene rutschte T. B.* in die rechtsextreme Ecke. Wiederholt verletzte er Menschen, unter anderem in Schänis. Vor Gericht sagt er: «Heute bin ich ein ganz anderer Mensch.»
Marc Allemann
Der Angeklagte erscheint im lockeren Tenue im Gerichtssaal: Lederjacke, Jeans und Kapuzenpulli. Dünner Kinnbart, der bis zu den Schläfen reicht und den Mund umrundet. Kurzgeschorene Haare. Er könnte ein harmloser junger Mann sein, dem Aussehen und der ruhigen Stimme nach. Doch T. B. steht in Uznach wegen mehrfacher Körperverletzung vor Gericht.
Böse Blicke des Opfers
Am Waldfest im Sommer 2008 in Schänis hatte der damals 24-Jährige viel getrunken. Bei einem Streit zwischen einem Kollegen und einem anderen Jugendlichen griff er zur halbvollen Bierflasche, schlug sie dem Opfer hinterrücks über den Schädel und machte sich davon.
Die Rissquetschwunde von damals macht dem Opfer auch heute noch zu schaffen. Bösen Blickes erscheint er vor Gericht und erzählt von den Migräneanfällen, die ihn heute noch plagen. Er fordert 2000 Franken als Wiedergutmachung. Der Angeklagte kann sich nur vage an die Nacht erinnern. Ja, eine «Tätlichkeit» sei da schon gewesen. Und ein anschliessendes Gerangel mit Sicherheitskräften, bei dem auch seine Uzner Freundin gewalttätig wurde. Aber an die Bierflasche kann er sich partout nicht erinnern.
Am 1. August folgte sogleich der zweite Angriff. Zusammen mit Freunden aus der rechtsextremen Szene war er am Flugplatz-Fest in Schänis. In einer Bar kam es zu Streitigkeiten mit anderen. Zuerst verletzte man sich mit Worten, dann folgten Taten.
Glaubt man dem Opfer dieses Abends, das am Prozess nicht anwesend ist, dann zerbrach der Angeklagte eine Bierflasche am Tresen. Mit angebrochener Flasche stach er zu und fügte seinem Opfer eine Schnittwunde oberhalb des rechten Auges zu.
T. B. war wieder betrunken. «Ich kann mich an nichts erinnern. Aber ich bin mir absolut sicher, dass ich nicht mit der Bierflasche zugestochen habe», sagt er vor Gericht. Mit der Faust habe er zugeschlagen. Seine Handschuhe waren an den Gelenken mit Quarzsand verstärkt. Damit Fausthiebe besser sitzen.
Familienidylle am Thunersee
«Heute bin ich ein anderer Mensch», sagt B. den Richtern. Er ist aus Schänis weggezogen und lebt im Berner Oberland. Zusammen mit der Freundin von damals und der Tochter, die im August zur Welt kam.
Er habe eine gute Stelle in der Logistik gefunden. Den Lohn lässt er grösstenteils einziehen. Langsam verringert sich sein Schuldenberg. Von der rechtsextremen Szene hat er sich verabschiedet. «Ich bin immer noch Patriot, aber ich bereue, jemals gewalttätig vorgegangen zu sein.» Seine Freizeit verbringt er mit der Familie oder bei der freiwilligen Feuerwehr. «Ich wollte etwas Gutes für die Gemeinde tun», sagt der Angeklagte.
Seine Verwandlung stellt die Richter vor ein Dilemma. Der Angeklagte hat bereits Vorstrafen. Die Taten in Schänis geschahen während seiner Bewährungszeit. «Nur wenn wir davon ausgehen können, dass Sie sich gebessert haben, können wir von einen Vollzug der Freiheitsstrafe absehen», erklärt der vorsitzende Richter. Auf sein Urteil muss B. warten, bis das Gericht es ihm nächste Woche mitteilt.
*Name der Redaktion bekannt.