Im Juli 2013 erlangte eine bis dahin von der Öffentlichkeit kaum wahrgenommene, militante Neonazi-Gruppierung – die Legion Werwolf Schweiz – auf einen Schlag nationale Berühmtheit: Auslöser war eine international angelegte Razzia in Norddeutschland, den Niederlanden und der Schweiz gegen eine mutmasslich terroristische rechtsextreme Vereinigung namens «Werwolf-Kommando». Obwohl bis heute ungeklärt ist, wie stark die Legion Werwolf und das Werwolf-Kommando strukturell verbandelt waren, verfügten sie zumindest über engste personelle Verstrickungen.
Umtriebige Gründungsmitglieder…
2013 gründete der aus dem Bieler Seeland stammende Naziskin Jonas Schneeberger gemeinsam mit Manuel Walker, Andy Rudolf und einigen weiteren Naziskins die Kameradschaft Legion Werwolf Schweiz. Die Gruppierung lehnte ihre Strukturen analog zu den internationalen Neonazi-Netzwerken Blood&Honour und Hammerskins an diejenigen der Motorcycle Clubs an: Sie tragen eigene Kleidung mit Werwolf-Emblem, vergeben Mitgliederpatches und verfügen über sogenannte regionale «Chapter». Nebst der Legion Werwolf Schweiz existiert noch mindestens ein anderes Chapter in Süddeutschland unter der Führung von Harald Frank, dem Betreiber des rechtsextremen Kleiderlabels Bloodline Streetwear.
Die Gründer der Legion Werwolf Schweiz sind Weggefährten der ersten Stunde im (gewalttätigen) rechtsextremen Milieu. Aufgewachsen in den Regionen Biel/Grenchen/Solothurn waren sie immer wieder in Schlägereien verwickelt, welche teilweise auch zu Verhaftungen führten. 2006 organisierten sie in Sax SG ein «Geburtstagskonzert für Jonas und Manuel» mit rechtsextremen Bands aus ganz Europa. Dessen ungeachtet versuchten sowohl Schneeberger als auch Walker, sich auf dem politischen Parkett zu profilieren: Manuel Walker kandidierte im Frühling 2011 (erfolglos) für die Schweizer Demokraten (SD) im Kanton Zürich, während Schneeberger als Nationalratskandidat im Kanton Bern antrat. Er musste seine Kandidatur zurückziehen, nachdem ein Foto aufgetaucht war, welches ihn in der KZ-Gedenkstätte Buchenwald vor einem Bild ermordeter Juden mit zum Hitlergruss erhobenen Arm zeigte.
Die Mitglieder der Legion Werwolf Schweiz präsentierten sich zu Beginn mit Vorliebe im Internet, ihre Aktivitäten blieben jedoch gering. Eigenen Angaben zufolge fanden in der Region Bern und Solothurn regelmässige Treffen statt. Zudem kündete die Legion Werwolf Schweiz im Februar 2013 einen Fackelmarsch durch Bern im Gedenken an die Bombardierung Dresdens an. Es blieb jedoch bei der Ankündigung. Das Datum war äusserst ungeschickt gewählt: Am gleichen Wochenende fand in Bern die Fasnacht statt.
…und enge Verbindungen zum Werwolf Kommando
Langjähriger Busenkumpel von Schneeberger, Walker und Rudolf war auch der Neonazi Sébastien Nussbaumer, welcher Mitte 2012 im Zürcher Niederdorf auf einen unliebsamen, weil aus der Szene ausgestiegenen, Blood&Honour-Gesinnungsgenossen schoss. Nussbaumer befand sich zu diesem Zeitpunkt auf freiem Fuss, obwohl er wegen nicht weniger als 44 Delikte einige Monate zuvor zu 39 Monaten Haft verurteilt worden war. Nach der Tat versuchte er, sich nach Hamburg abzusetzen, wo er von Spezialeinheiten verhaftet werden konnte – die geladene Waffe immer noch im Gepäck. Nussbaumers Wahl des Fluchtortes kommt nicht von ungefähr: Er gehört gemeinsam mit Jonas Schneeberger zu den Gründungsmitgliedern der im norddeutschen Raum aktiven Gruppierung «Weisse Wölfe Terrorcrew (WWT)» – und führte deren Schweizer Ableger «Sektion Helvetia» an.
Nussbaumer wurde zudem als einer der massgeblichen Drahtzieher hinter dem eingangs erwähnten Werwolf-Kommando vermutet. So wurden bei der Razzia nebst Wohnungen und Geschäftsräumen auch seine Haftzelle sowie die Zellen von zwei weiteren mutmasslichen Mitgliedern durchsucht.
Das plötzliche Augenmerk der Behörden aufgrund dieser Verbindungen dürfte einer der Gründe gewesen sein, weshalb die öffentlich wahrnehmbaren Aktivitäten der Legion Werwolf bald darauf versiegten.
Schneeberger gibt nicht auf
Im Gegenteil zur Legion Werwolf Schweiz macht jedoch Schneeberger weiter von sich reden. So ist er mittlerweile oft an Veranstaltungen der Partei National Orientierter Schweizer PNOS anzutreffen. Auch Grillabende mit Neonazis aus dem In- und Ausland oder Besuche bei der befreundeten Kameradschaft Heimattreu stehen auf seinem Programm. In jüngster Zeit versucht er sich zudem als Konzertorganisator: Nach dem Auftritt des rechtsextremen Hip-Hop-Duos «A3stus» in Fribourg im März 2015 wollte er am 18. April 2015 in der Romandie ein Konzert mit der ultrarechten Hool-Band Kategorie C durchführen – welches jedoch kurz vor Start auf Druck der Behörden abgesagt werden musste.