«Blut muss fliessen, knüppelhageldick»

Bei einem Rechtsextremen- Konzert spielte eine Band das berüchtigte «Blutlied». Nun droht den Veranstaltern eine Verurteilung wegen Rassendiskriminierung. Ein Novum.

In einer Septembernacht des Jahres 2005 ereignete sich im Oberwalliser Crazy Palace Verrücktes: In der konkursiten Disco im Dorf Gamsen veranstalteten lokale Rechtsradikale mit Unterstützung Gleichgesinnter aus der Westschweiz, aus Zürich und dem Mittelland ein Musikfestival. 380 Gäste aus dem In- und Ausland, die meisten mit Glatzen und Springerstiefeln, lauschten einschlägig bekannten Bands aus der Schweiz, aus Deutschland, aus Italien und sogar aus den USA. Das Verrückte daran: Keiner der Veranstalter und ihrer willigen Helfer bekam etwas mit von den Hitlergrüssen, den antisemitischen Hassliedern oder vom feilgebotenen Propagandamaterial mit Hakenkreuzen.

Diesen Eindruck versuchten zumindest gestern 18 Angeklagte vor dem Bezirksgericht Brig zu erwecken. Gehört habe er, so sagte ein wenig eloquenter Angeklagter aus, «Lieder zur Beschönigung der Heimat». Beiträge der TV-Sendung «Rundschau», die zum Prozessauftakt gezeigt wurden, lieferten aber ein anderes Bild der Rechtsradikalen-Fete: Das Schweizer Fernsehen hatte mit versteckter Kamera dokumentiert, wie ein wildes Publikum Sieg-Heil-Rufe skandierte und eine Band das berüchtigte «Blutlied» sang. «Lasst die Messer flutschen in den Judenleib», heisst es dort. Und im Refrain: «Blut muss fliessen, knüppelhageldick; und wird scheissen auf die Freiheit dieser Judenrepublik.»

Von allem überhaupt nichts bemerkt

Doch vom strammen Gegröle wollen die Angeklagten unisono nichts bemerkt haben: Die einen beteuerten, sie seien als «Saalschutz» draussen vor der Discotür im Einsatz gestanden, andere frittierten Pommes. Jene hinter der Bar neben der Tanzfläche bekamen unter Stress ebenfalls nichts Anrüchiges oder gar Rassistisches mit. Immerhin wussten die meisten, dass sie sich freiwillig in den Dienst eines Erinnerungsabends für die englische Rechtsextremen-Ikone Ian Stuart gestellt hatten. Vor seinem Tod bei einem Autounfall 1993 hatte der Sänger einer Neonazi-Band das Netzwerk Blood and Honour gegründet. In Deutschland ist die Organisation seit dem Jahr 2000 verboten, in der Schweiz nach wie vor erlaubt.

Kein «Konzertparadies» mehr

Von den Angeklagten wollen die meisten trotzdem nichts mit dem Blut-und-Ehre-Verbund zu tun haben. Seine Mitgliedschaft bei der Romandie-Sektion von Blood and Honour zu gab einzig der Unterwalliser Jonathan Leiggener. Der gelernte Tierpräparator vertritt das Welschland im Bundesvorstand der Partei National Orientierter Schweizer (Pnos).

Die Schweiz galt lange als relativ sicherer Boden für rechtsextreme Konzerte. Bekam die Polizei Wind von Veranstaltungen, markierte sie zwar meist Präsenz, griff aber selten ein. Kantonale Sicherheitsdirektoren sagten, ihnen seien die Hände gebunden, denn die Anlässe seien privat. Gemäss einem Bundesgerichtsurteil aus dem Jahr 2004 gilt aber als öffentlich, was nicht eindeutig im Privatkreis stattfindet.

Deshalb könnte es nun erstmals in der Schweiz zu einer Verurteilung rechtsextremer Konzertveranstalter kommen. Der Zürcher Milieu- und Rechtsextremenanwalt Valentin Landmann will dies in Brig verhindern. Er findet, nicht die Organisatoren, sondern die Musiker sollten wegen Rassendiskriminierung belangt werden. Den Walliser Ermittlungsbehörden gelang es nicht, festzustellen, wer in Gamsen Hasszeilen von sich gab. Laut «Rundschau» soll aber die zürcherisch-innerschweizerische Combo Amok das «Blutlied» gespielt haben.

 

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