Newsnetz / Der Bund vom 17.11.2010
Das Bundesgericht heisst eine Beschwerde von Anwalt Daniel Kettiger gegen die Burgdorfer Behörden gut.
Die Stadt Burgdorf ist kein Hort für Rechtsextreme. Dort gibt es auch nicht mehr Gewalt als anderswo. Zu diesem Fazit kam eine Studie, die der Burgdorfer Gemeinderat vor drei Jahren beim Psychologen Allan Guggenbühl in Auftrag gegeben hatte. Die Studie basierte auf Interviews mit 19 «Schlüsselpersonen», die vom Burgdorfer Gemeinderat vorgängig definiert worden waren. In der Folge entbrannte ein heftiger Disput über den Aussagewert des Ergebnisses. Anwalt Daniel Kettiger vermutete eine «tendenziöse Auswahl» und verlangte Einsicht in die Liste der Interviewten. Er berief sich dabei auf das Öffentlichkeitsprinzip im kantonalen Informationsgesetz, wonach jedermann Einsicht in amtliche Akten erhält, «soweit keine überwiegenden öffentlichen oder privaten Interessen entgegenstehen». Der Gemeinderat lehnte das Gesuch ab, und der Statthalter bestätigte den Entscheid, nachdem der Gemeinderat 9 von 19 Namen offengelegt hatte. Personen, die über persönliche Gewalterfahrung gesprochen hatten, waren mit der Bekanntgabe ihres Namens nicht einverstanden.
Könnte die Forschung leiden?
Kettiger blitzte mit seiner Beschwerde daraufhin auch vor Verwaltungsgericht ab. Anders als die Vorinstanzen begründete es sein Nein aber nicht mit Gründen des Datenschutzes, sondern mit dem Schutz der Forschung. Anonymität und Vertraulichkeit seien in der Sozialforschung von grosser Bedeutung, befand das Gericht gestützt auf ein Gutachten. Ohne zugesicherte Anonymität könnten bei heiklen Themen kaum noch aussagekräftige Sozialstudien erstellt werden.
«Wertvolle Hinweise auf Qualität»
Laut Bundesgericht stehen einer Einsichtnahme in die Namensliste nun aber weder private noch öffentliche Interessen entgegen. Das private Interesse sei gering, weil der Bericht weder wörtliche Zitate noch Beobachtungen enthalte, die einzelnen Personen zugeordnet werden könnten. Die Feststellungen im Bericht seien «durchwegs sehr allgemein gehalten», halten die Richter in Lausanne fest. Demgegenüber gebe es ein gewisses öffentliches Interesse an einer Antwort auf die Frage, auf welche Quellen sich der Bericht stütze. Dieses Interesse sei umso gewichtiger, «als die Quellen von einer politischen Behörde definiert wurden und der Bericht in Zukunft als Grundlage für konkrete Massnahmen dienen könnte». Eine Bekanntgabe der Liste könne mithin «wertvolle Hinweise auf die Qualität der Grundlage des Berichts geben», hält das Bundesgericht fest. Wer die Kosten von Prozess und Gutachten bezahlt, wird das Verwaltungsgericht beurteilen müssen. (bob)