Newsnet: Protagonisten des Neonazitreffens in Unterwasser gerieten mehrfach mit dem Gesetz in Konflikt. Dies zeigt auch das Beispiel der Band Amok aus dem Zürcher Oberland.
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Das sogenannte «Rocktoberfest» in Unterwasser SG begann unverdächtig. «Ein Mann aus dem Zürcher Oberland» habe eine Ausschankbewilligung bei der Gemeinde beantragt, sagt Gemeindepräsident Rolf Züllig. Niemand ahnte zu diesem Zeitpunkt, dass dies der Anfang für ein Neonazi-Konzert mit rund 5000 Teilnehmenden sein wird.
Ebenfalls aus dem Zürcher Oberland stammt Kevin G. aus Rüti. Gemäss Züllig handelt es sich beim Gesuchsteller um einen anderen Mann. Allerdings ist der 28-Jährige Gründer und Sänger der Band Amok. Das ist jene Gruppierung, die als einzige Schweizer Band auf dem Veranstaltungsplakat des Anlasses in Unterwasser figurierte – nebst den deutschen Vertretern Stahlgewitter, Confident of Victory, Exzess und Frontalkraft. Die Zusammensetzung illustriert die grosse Bedeutung des Treffens. Denn sämtliche Bands gehören zu den Grössen der deutschsprachigen Neonaziszene, und alle waren schon im Konflikt mit dem Gesetz.
Rechtsrock-Konzert im Toggenburg: Mit diesem Flyer warben die Organisatoren.
Die Gruppenmitglieder von Amok mussten sich etwa 2008 vor Gericht verantworten. In einem Liedtext äusserten sie Morddrohungen gegen Hans Stutz – einen Luzerner Journalisten, der sich durch seine Recherchen über Rechtsextreme in der Schweiz einen Namen gemacht hatte. Es kam zu einer Verurteilung durch eine Geldstrafe. Die Aufrufe waren allerdings nicht nur gegen Stutz gerichtet. Auf der damals zu beurteilenden CD «Verbotene Wahrheit» wurde unter anderem der Holocaust geleugnet. Die Amok-Bandmitglieder wurden auch wegen Rassendiskriminierung und der öffentlichen Aufforderung zum Verbrechen verurteilt.
Rechtsvertreter der Gruppe war der Zürcher Anwalt Valentin Landmann. Er relativierte die Gefährlichkeit seiner Mandanten: Sie seien neokonservative Menschen, die Freude an «soldatischen Liedern» hätten. «Manchmal greifen sie üppig daneben in der Einschätzung, wie ein unreflektierter Text wirken kann.»
Diese Sichtweise vertritt Landmann auch heute noch – jetzt, da sich die Band die Bühne mit den bekanntesten Neonazi-Bands Europas teilt. «Die Meinungsfreiheit in der Schweiz erlaubt es, patriotische Lieder zu singen», sagt Landmann zu TA-Newsnet. Wichtig sei, dass der Organisator die Teilnehmenden auf die schweizerische Rechtsnorm hinweise. Ob dies der Fall war, wird zurzeit von der Staatsanwaltschaft überprüft. Landmann bekräftigt: «Die Gruppenmitglieder sind nicht gewaltbereit.»
In der Vergangenheit schreckte Kevin G. allerdings nicht vor physischer Gewalt zurück. Ein Vorfall ereignete sich im Juli 2015. Ein Mob von rund 20 Männern attackierte in Zürich-Wiedikon auf offener Strasse einen orthodoxen Juden. Sie spuckten ihm ins Gesicht, schrien «Heil Hitler» und bezeichneten den Mann als «Scheissjuden» – er solle doch nach Auschwitz gehen. Anführer der Gruppe war Kevin G. Das Verfahren wegen Verstosses gegen die Antirassismusstrafnorm und Tätlichkeit ist gemäss der Zürcher Staatsanwaltschaft noch hängig.
Diese Gruppe attackierte 2015 im Zürcher Kreis 3 einen orthodoxen Juden. (Screenshot: TeleZüri)
Lothar Janssen traut der Gruppe durchaus Gewaltbereitschaft zu. Der Präsident des Schweizerischen Instituts für Gewalteinschätzung (SIFG) wohnt in Hombrechtikon ZH – drei der vier Bandmitglieder wohnten in derselben Gemeinde. Er hat die Entwicklung von Kevin G. mitverfolgt, wobei er keine Besserung habe feststellen können. «Die Behauptungen seines Anwalts sind stark bagatellisierend, wenn nicht sogar unhaltbar.»
Auf ihrer aktuellen CD äussern sich Amok wieder explizit. «Hier lässt sich keiner den Mund verbieten, daher geht es textlich an die Grenzen des absolut Machbaren!», preist das Label die Aufnahme an. So ist unter anderem ein Aufruf zur Kristallnacht enthalten. (baz.ch/Newsnet)
Erstellt: 17.10.2016, 18:11 Uhr