Keine Angst vor Hooligans

St. Galler Tagblatt

Rechtsextreme nisten sich in Schweizer Sportstadien ein – Im Thurgau liegt der letzte Zwischenfall fünf Jahre zurück

Weinfelden. Schweizer Fussball- und Eishockey stadien werden vermehrt zu Tummelplätzen für Rechts-extreme. Nach dem Aufstieg in die 1. Liga stockt der SC Weinfelden seine Platz organisation auf.

Daniel Steiner

Der Dienstag, 30. November 1999, war ein schwarzer Tag für den Thurgauer Eishockey. Beim NLB-Match HC Thurgau gegen EHC Biel in der Weinfelder Güttingersreuti wurden die farbigen Bieler Spieler Claude Vilgrain und Cyrill Pasche mit rassistischen Pöbeleien angegriffen. Das Spiel artete aus. Auf Intervention des Schiedsrichters mahnte der Platzspeaker die Zuschauer, nicht zwischen schwarzen und weissen Spielern zu unterscheiden. Der HC Thurgau reagierte darauf. Der Verein veranstaltete danach einen offiziellen Antirassismus-Tag.

Rechte in den Stadien

Die beschriebene Szene hätte sich ebenso in jedem anderen Eishockey- oder Fussballstadion der Schweiz abspielen können. Meldungen von Zwischenfällen mit Rechtsextremen in den Sportstadien häufen sich. Zuletzt auch aus St. Gallen. Nach dem Spiel des FC St. Gallen gegen den Grasshoppers-Club richteten Hooligans aus Zürich am St. Galler Hauptbahnhof Sachschaden an. Ausländerfeindliche Sprüche wurden skandiert. Schon vor vier Jahren sagte Hans Stutz, Fachmann und ständiger Beobachter der rechtsextremen Szene: «Vor allem in Bern, Basel, Lugano und Zürich haben sich Rechtsextreme in den Sportstadien eingenistet.» Und die so genannten «Fans» werden immer jünger. Die Mehrheit der rechten Skinheads ist zwischen 16 und 22 Jahre alt. Viele beginnen als Trittbrettfahrer und lassen sich von der Gruppendynamik anstecken.

Familiäre Beziehung zu Fans

Beim SC Weinfelden kennt man bisher keine Probleme mit Hooligans. «Wir haben beim SC Weinfelden eine familiäre Beziehung zu den Fans», sagt Sven Kortje, zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit, «die Hooligans konzentrieren sich vor allem auf die Nationalliga.» Eine Ausnahme bildete das Playoff-Spiel gegen den HC Luzern. Kamen in der Qualifikation nur 300 Fans, so waren in der Playoff-Runde über 1000 Zuschauer im Stadion. Auf Vorwarnung wurde im Heimspiel gegen Luzern das Polizeiaufgebot verstärkt. Ein paar Luzerner «Fans» benahmen sich schon vor dem Stadion daneben und mussten von der Polizei zurechtgewiesen werden. Im Stadion fielen sie vor allem durch ihre aggressive Stimmung auf. «Das waren keine richtigen Eishockeyfans», sagt Kortje, «die kamen nur zum Pöbeln nach Weinfelden.» Die Zusammenarbeit mit der Kantonspolizei Thurgau habe hervorragend geklappt.

«Platzorganisation aufgestockt»

Der HC Luzern spielt in der kommenden Saison in der 2. Liga. Somit werden die Weinfelder nicht mehr auf die Innerschweizer treffen. Doch was passiert, wenn andere Mannschaften gewaltbereite Fans nach Weinfelden locken? «Wir haben die Platzorganisation aufgestockt», sagt Kortje. Zudem habe man noch viele Erfahrungen aus Nati-B- Zeiten. «Als der HC Thurgau noch in der Güttingersreuti spielte, hatten wir jeweils 4000 Zuschauer.» Der SC Weinfelden sei auf die 1. Liga vorbereitet, den grösseren Aufwand für den Spielbetrieb nehme man in Kauf. «Am familiären Verhältnis zu den Fans wird sich auch in der 1. Liga nichts ändern», verspricht Kortje.

Hooligan-Tourismus

Vorbildlich verhalten sich die Fans des HC Thurgau in der Bodenseearena, sagt HCT-Präsident und -Trainer Felix Burgener. Rund 1600 Zuschauer besuchten im Durchschnitt die Heimspiele. In der vergangenen Saison gab es weder mit den eigenen noch mit den Fans der Gästemannschaften Probleme. «Man muss zwischen gesunden Emotionen und Hooliganismus unterscheiden», sagt Burgener, «aber Sportstadien können eben immer Anziehungspunkte für solche Leute sein.»

Ein Szenekenner aus Kreuzlingen, der sowohl Fussballspiele als auch Eishockeyspiele in der Schweiz besucht, kommentiert es folgendermassen: «Im Thurgau existieren weder Fussball- noch Eishockeymannschaften, die in den höchsten Ligen spielen. Somit hält sich auch der Zuschaueransturm in Grenzen. Rechtsextreme getrauen sich hier weniger in die Sportstadien.» Er gibt an, schon öfters rechtsextreme Thurgauer Hooligans an Spielen des Grasshoppers-Clubs Zürich gesehen zu haben. «Beim militanten GC-Fanclub ?Hardturmfront? finden diese Leute Unterschlupf.»

«Immer situationsbezogen handeln»

«Wir hatten damals in Weinfelden einzelne Probleme. Ein paar Fans, die durch rassistische Äusserungen auffielen, konnten eruiert und aus dem Stadion gewiesen werden. Seit der HCT in Kreuzlingen spielt, haben wir absolut keine Probleme mehr. Dazu muss ich aber auch sagen, dass wir sehr viel unternommen haben. Wir haben Leute unter die Zuschauer gestellt, um die Szene zu überwachen. Die Nationalliga B ist für Hooligans weniger attraktiv.»

Albert Fässler, Marketingchef HCT

«Die Leute, die im Stadion Ärger machen, die kommen immer unverhofft. Im Thurgau kennen wir die Leute langsam, es handelt sich dabei um eine kleine Gruppierung. Die Sicherheit muss auch in den unteren Ligen professionell gewährleistet sein. Wir müssen immer situationsbezogen handeln, jahrelange Erfahrung hilft einem in diesem Job. Ohne die Mithilfe der Polizei wäre die Situation im Spiel SCW gegen Luzern wohl eskaliert.»

Michael Meier, Sicherheitschef HCT