«Kein Routine-Wochenende»

BernerZeitung

Bei der Stadtpolizei Bern rechnet man mit einem «schwierigen Wochenende», wenn am Samstag die SVP und ihre Gegner in der Innenstadt zusammentreffen. Das Korps bereite sich «sorgfältig» vor, sagt Sprecher Franz Märki.

«Uns steht ein schwieriges Wochenende bevor», sagt Franz Märki, Mediensprecher der Stadtpolizei Bern. Am Samstagmittag ziehen SVP-Mitglieder und -Sympathisanten vom Bärengraben bis vors Bundeshaus. Die Partei rechnet mit 5000 bis 10000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern.

Gleichzeitig trifft sich auf dem Münsterplatz das Bündnis «Schwarzes Schaf», um dort «fest gegen Rassismus» und gegen die SVP zu demonstrieren. Auf beiden Seiten rufen Extremisten im Internet und mit Flugblättern zu Gewalt gegenüber der politisch anders denkenden Seite auf (vergleiche Zweittext).

«Wir kennen die einschlägigen Internetseiten und die Aufrufe von links und rechts», sagt Polizeisprecher Märki. Das Korps bereite sich «sorgfältig» auf das kommenden Wochenende vor. Die Aufrufe aus der links- und rechtsextremen Szene würden ernst genommen, man dürfe sie aber auch nicht überbewerten, betont er.

«Nicht alle friedlich»

Bei der Polizei rechnet man damit, «dass nicht alle Demo-Teilnehmer in friedlicher Absicht nach Bern reisen». Man könne darum nicht ausschliessen, dass etwas passiere, sagt Märki. Angst sei aber fehl am Platz. «Man kann sich am Samstag problemlos in die Innenstadt begeben.»

Die Polizei werde präsent sein, so viel verrät Franz Märki. Ob es sich allerdings um den grössten Polizeieinsatz dieses Jahres in Bern handelt ? wie von verschiedenen Seiten spekuliert wird ?, dazu will er keine Stellung nehmen. «Wie viele Polizisten im Einsatz stehen gehört zur Taktik ? und diese können wir im Vorfeld nicht bekannt geben.»

Sicher ist, dass die Stadt- mit der Kantonspolizei zusammenarbeiten wird und die Kommandanten des Nordwestschweizer Polizeikonkordats als allfällige Verstärkung «über den Einsatz vom Wochenende informiert sind», wie es Märki ausdrückt.

Keine Angaben zum Einsatz

Beim letzten Grosseinsatz der Polizei anlässlich der Anti-WEF-Demonstration vor zwei Jahren standen rund 1000 Beamte im Einsatz. Ob die Pläne für den kommenden Samstag in eine ähnliche Grössenordnung gehen, wollte der Polizeisprecher gestern nicht kommentieren. «Es wird sicher kein Routinewochenende ? so viel kann ich sagen.»

Als gegeben sieht Sprecher Franz Märki hingegen Verkehrsbehinderungen ab Samstagmittag. Neben der SVP-Kundgebung und der Gegen-Demo stehen noch andere Veranstaltungen auf dem Programm: Die Bio-Bauern treffen sich auf dem Waisenhausplatz, es ist Markttag, auf der Münsterplattform findet der Handwerkermärit statt, auf der Allmend versammeln sich die Ballonfahrer, die Spielzeugmesse Suisse Toy und das Meisterschaftsspiel YB gegen Luzern sorgen für zusätzliche Menschenansammlungen im Raum Wankdorf.

Nicht einfacher wird die Planung des Polizeieinsatzes auf Grund der vielen Baustellen in der Innenstadt. «Der Bahnhofplatz und die Marktgasse stellen im Moment eine zusätzliche Schwierigkeit dar», bestätigt Märki.

Rechtsextreme mobilisieren

Im Internet rufen Rechtsextreme zur Demo-Teilnahme auf. Die SVP will ihnen eine Teilnahme nicht verbieten.

Auf allen Seiten wird fleissig mobilisiert für den wohl heissen Demo-Tanz am Samstag. Auf den Zug aufgesprungen sind auch Rechtsextreme . In Internetforen von «Blood and Honour», einer verbotenen neonazistischen Gruppierung, welche in ganz Europa aktiv ist, wird zur Teilnahme aufgerufen. «Ich werde auf jeden Fall in Bern sein», kündigt ein User zum Beispiel an. Insider gehen für Samstag von über 100 Aktivisten der extremen Rechten aus. Das letzte Mal, als Linke und Rechte in Bern im grossen Stil aufeinandertrafen, war am ersten antifaschistischen Abendspaziergang im Jahr 2000, als rund 250 Rechte nach Bern kamen. Die Polizei nahm damals 102 Störer fest.

Auch die bislang letzte gesamtschweizerische Demonstration der SVP löste sich in Tränengasschwaden auf. Vor über zehn Jahren demonstrierte die Partei in Zürich. Es kam zu Krawallen zwischen linken und rechten Aktivisten, die Behörden waren überfordert.

Alle sind willkommen

Droht am Samstag das gleiche Szenario? Die SVP will sich nicht grundsätzlich vom Aufmarsch der Neonazis distanzieren. «Die Demo steht allen offen», sagt Pressesprecher Roman Jäggi. Egal welcher Gesinnung? «Solange sich die Teilnehmer friedlich verhalten, sind alle willkommen», sagt Jäggi. Und: «Ich hoffe wirklich sehr, dass die Linken nicht so blöd sind und drei Wochen vor der Wahl Stunk machen. Das würde ihnen an der Urne massive Verluste bescheren.»

Allein: Die Präsenz von rechtsextremen Exponenten dürfte von Antifaschisten kaum toleriert werden ? und umgekehrt. Daniele Jenni, der Mitorganisator der Gegendemonstration, sagt: «Das könnte gewisse Leute dazu bringen, Schwierigkeiten zu machen.»

Anzunehmen ist auch, dass sich die Aktivitäten linker Kreise nicht bloss auf den Münsterplatz, wo ein Fest gegen Rassismus stattfinden soll, und die Reitschule beschränken. Der Polizei droht ein heikler Vielfrontenkonflikt. Gestern wurde zudem bekannt, welche Bands an der Anti-SVP-Demo auftreten: Der Berner Hip-Hopper Gaugehill, verstärkt mit Rapper Greis, sowie weitere internationale Acts.