Ein Dorf im Mittelland, wie es viele gibt. «Wir sind keine Fremdenhasser», sagt Martin Wyss. An diesem Nachmittag ist der Gemeindepräsident im Restaurant Kreuz anzutreffen. Ein weiterer Medientermin. «Ich weiss, wo den Kappelern der Schuh drückt», erzählt er. Er ist einer von ihnen. Ein volksnaher Politiker, der sich auch mal an einen Stammtisch hockt. «Die Leute hier sind sogar sehr tolerant», sagt er. An Nebentisch nicken einige der Gäste.
Jetzt hat sich mit dem Brandanschlag auf die Asylbewerber-unterkunft aber doch Hass entladen. Wyss versucht die Stimmung im Dorf in Worte zu fassen. «Die Polizei hat bei mehreren Razzien Drogen sichergestellt. Das gibt halt zu reden», sagt er. Die Leute seien aber froh, dass es beim Brandanschlag keine Toten gegeben habe.
Das Mitleid der Kappeler gehört aber den jungen Tätern. «Hoffentlich werden sie nicht zu hart bestraft.» Dieser Satz ist an jeder Dorfecke zu hören. Ein Jugendlicher erklärt dem Journalisten, «dass die Schwarzafrikaner Drogen verkauft hätten – an Jugendliche aus dem Dorf». Seine Wut ist spürbar.
Der Gemeindepräsident will nichts beschönigen. «Ein Drogenabhängiger aus dem Dorf soll von Asylbewerbern mit Stoff versorgt worden sein. Das hat mir die Mutter des Süchtigen erzählt. Ich habe sofort die Polizei eingeschaltet, und diese hat schon tags darauf eine Razzia durchgeführt.» Acht Tage vor dem Brandanschlag.
Fremdenhass? Von einer rechtsextremen Szene in Kappel will niemand etwas wissen. Der «Kreuz»-Wirt nicht, der Velohändler Robert Lack nicht und auch Martin Wyss nicht. Letzterer muss sich wegen eines Beitrages in der «Rundschau» immer wieder erklären: «Das ?Chutzloch? im Industriegebiet ist kein Nazi-Treffpunkt. Die Fernsehbilder hätten diesen Eindruck erwecken können.»
Gestern Abend hat der Gemeinderat von Kappel unter Ausschluss der Öffentlichkeit getagt. Das einzige Traktandum: «Wie geht die Gemeinde mit der Situation um?» Später war der Gemeindepräsident an der Fasnacht anzutreffen. «Spinnsch eigetlech», heisst das diesjährige Motto. «Die Kappeler spinnen nur an der Fasnacht», sagt Wyss. Sonst seien sie tolerant und ganz bestimmt keine Fremdenhasser.