Neue Luzerner Zeitung: Prävention · Die Gemeinden sollen vorsichtig sein bei der Vermietung von Sälen und Hallen. Im Zweifelsfall soll die Polizei informiert werden.
Das Justiz- und Sicherheitsdepartement (JSD) des Kantons Luzern hat an alle Gemeinden einen Brief verschickt. Darin warnt es vor extremistischen Gruppierungen, die immer wieder versuchten, sich irgendwo in der Schweiz zu treffen. Dabei würden Säle und Hallen für Veranstaltungen gemietet unter dem Deckmantel «Geburtstagsparty», «Liederabend», «Kulturanlass» oder auch «CD-Taufe». Dabei können sich Veranstaltungen aber als Plattform für die Verbreitung extremistischen Gedankenguts herausstellen.
Verhaltenstipps
Weiter weist der Kanton darauf hin, das heute neben politisch motiviertem Extremismus vor allem auch extremistische Gruppierungen mit religiöser Motivation aktiv seien. Der Kanton bittet die Gemeinden, bei der Vermietung von grösseren Lokalen und Sälen vorsichtig zu sein, und gibt Verhaltenstipps. So soll nachgefragt werden, um welchen Anlass es sich explizit handelt. Zudem sollen Unterkünfte, Hallen und Säle nur an bekannte Personen vermietet werden. Bei unbekannten Personen soll die Gemeinde abklären, welcher Bezug zur Gemeinde besteht und wer genau der Organisator ist. Bei Unklarheiten verweist das JSD auf die Luzerner Polizei.
«Wir haben vor fünf Jahren das letzte Mal einen solchen Brief an die Gemeinden verschickt», sagt Erwin Rast, Kommunikationsbeauftragter des JSD, auf Anfrage. Einen aktuellen Anlass dazu gebe es nicht. «Aber es geht uns darum, die Gemeinden wieder einmal für diese Problematik zu sensibilisieren und wachsam zu bleiben.»
Angebliche Geburtstagsfeiern
Die Luzerner Polizei war über den Versand des Briefes an die Gemeinden nicht informiert. Kurt Graf, Chef Medienstelle der Luzerner Polizei, sagt auf Anfrage: «Es kam zum Teil schon vor, dass sich Extreme unter dem Deckmantel einer Geburtstagsfeier getroffen haben.» Aber auch Graf kennt keinen aktuellen Fall im Kanton Luzern. Es mache aber Sinn, die Gemeinden nach einer gewissen Zeit wieder zu sensibilisieren, besonders auch nach Neuwahlen, wenn neue Gemeinderäte ihr Amt antreten würden.
Extremist in Turnhalle
In der Vergangenheit kam es im Kanton Luzern auch schon zu Hallen- und Raumvermietungen an Extremisten. So führten deutsche und Schweizer Neonazis im August 2011 im Raum Luzern gemeinsame Schiessübungen durch. Dafür mieteten die Rechtsextremen ein Schützenhaus. Ende 2009 referierte der radikale Islam-Prediger Pierre Vogel in Kriens in der Turnhalle des Amlehn-Schulhauses vor 200 Besuchern. Der Gemeinde war zwar bekannt, dass eine muslimische Gemeinschaft die Turnhalle reserviert hatte, von einem Referat hatte sie aber keine Kenntnis. Vogel wurde daraufhin vom Staatssekretariat für Migration mit einem Einreiseverbot belegt. Er ist mittlerweile nach fünf Jahren wieder in der Schweiz aufgetaucht, so in Basel und Bern («Zentralschweiz am Sonntag» vom 15. April).
Gruppierung ausgeladen
Es kam aber auch schon zu Ausladungen von Gruppierungen. So wollte im Juni 2011 die Vereinigung Islamische Jugend Schweiz (VIJS) das Zentrum Gersag in Emmen für einen Anlass mieten, erhielt aber eine kurzfristige Absage. Zuvor hatte die VIJS erfolglos versucht, im Luzerner Pfarreiheim St. Michael einen Raum zu mieten, und war auch vom Bahnhofbuffet Luzern in letzter Minute wieder ausgeladen worden. Wobei sich Experten über den Verein und dessen Ausrichtung uneinig sind. Er wurde damals von Experten in unserer Zeitung von «harmlos» bis «intolerant» bewertet.
Bereits 2001, 2003, 2005 und 2007 hatte der Kanton Luzern die Gemeinden auf das Problem der Vermietung von Räumen an extreme Gruppen aufmerksam gemacht.
susanne.balli@luzernerzeitung.ch