Jürgen Graf: Braune Lügen aus Weissrussland

Sonntagsblick
VON ALEXANDER SAUTTERAARAU/MINSK – Auf den Holocaust-Leugner und verurteilten Rassisten Jürgen Graf (52) wartet in der Schweiz eine Gefängniszelle. Statt im Knast lebt Graf jedoch unbehelligt in Weissrussland. Auch dort kann er das Lügen über die Judenvernichtung nicht lassen. Nachzulesen in seinem soeben veröffentlichten neuen Buch.

«Im Dritten Reich gab es keine Gaskammern», behauptet der ehemalige Lehrer Jürgen Graf. In pseudowissenschaftlichen Hetzblättern leugnet der Basler, dass unter der Nazi-Diktatur über sechs Millionen Juden starben. Dafür verurteilte ihn das Bezirksgericht Baden 1998 zu 15 Monaten Gefängnis. Doch vor dem Strafantritt setzte sich Graf ab. Seither lebt er auf der Flucht.

Dies tut er jedoch nicht still und leise. Ganz im Gegenteil: Jürgen Graf hat soeben sein neustes Lügenbuch veröffentlicht. Titel: «Treblinka: Vernichtungs- oder Durchgangslager?». Erschienen ist das üble Machwerk im Verlag von Holocaust-Leugner Germar Rudolf (39), Castle Hill Publishers, mit Sitz in England.

Zusammen mit dem italienischen Rechtsradikalen Carlo Mattogno (52) erklärt er auf 432 Seiten, warum im polnischen KZ Treblinka seiner Ansicht nach keine Menschen ermordet wurden. Im Verlagsprospekt heisst es dazu: «Selbst alten Revisionismus-Hasen wird vieles in diesem Buch neu sein und Grafs anregender Schreibstil garantiert Lesevergnügen.»

Zynismus pur. Fakt ist: Die Nazi-Schergen ermordeten zwischen 1941 und 1943 in Treblinka 870 000 Menschen.

«Es ist stossend, dass Graf seine Lügen weiterhin ungestraft verbreiten kann», sagt Thomas Lyssy, Vizepräsident des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebundes. Seit bald drei Jahren narrt der Holocaust-Leugner die Schweizer Justiz. Zuletzt trat er öffentlich im November 2002 auf. In der estnischen Stadt Tallinn referierte er vor zahlreichen jungen Skinheads über den Holocaust.

Seit mehr als einem Jahr hält sich Graf in der weissrussischen Stadt Minsk auf. Dort hat ihn SonntagsBlick aufgespürt. Zusammen mit seiner russischen Frau Olga, einer Übersetzerin, lebt er in einer kleinen Wohnung. Die Schweizer Behörden vermuten, dass er sich mit falschen Papieren niedergelassen hat.

Offiziell weiss die Schweiz aber nichts über Grafs Aufenthaltsort: «Wir haben nur Gerüchte gehört, dass er sich in Weissrussland aufhalten soll», sagt Roland Hengartner, Chef des Straf- und Massnahmenvollzugs Aarau. «Aber wir konnten seiner bislang nicht habhaft werden.»