St.Galler Tagblatt vom 28.07.2009
Von den sinkenden Wähleranteilen der Mutterpartei lassen sich die Jungsozialisten nicht demoralisieren. Sie streben mutig in die Höhe. 150 junge Linke aus der ganzen Schweiz weilen ab nächsten Samstag im Hotel Churfirstenblick in den Flumserbergen. Im Juso-Sommercamp sollen die potenziellen Politstars von morgen geschult werden. «Sommer, Sonne, Sozialismus», lautet das Motto der sechstägigen Veranstaltung. In Workshops wird darüber diskutiert, was Sozialismus bedeutet, was man gegen Rechtsextremismus tun kann, ob es noch Atomkraftwerke braucht und wie man sich gegenüber Journalisten professionell verhält.
Wermuth als treibende Kraft
Wohl erstmals seit den Arbeitersportwochen in den 30er-Jahren führt damit eine Jungpartei wieder politische Bildungslager ein. «Wir wollen Politik so betreiben, dass es Spass macht», sagt Juso-Chef Cédric Wermuth auf Anfrage. Der umtriebige Jungpolitiker ist die treibende Kraft hinter der Lager-Idee. Wermuth weiss, wie man Polit-Marketing betreibt und Schlagzeilen in den Medien generiert. Sei es als Kiffer vor der SP-Generalversammlung, sei es mit der Lancierung einer populistischen Abzocker-Initiative im richtigen Moment oder sei es mit einer Anti-Rechtsextremen-Demo auf dem Schlachtfeld von Sempach.
Die 150 Plätze in den Flumserbergen seien im Nu ausgebucht gewesen, sagt Wermuth. Und den Jungsozialisten gehe es auch sonst gut. «Die Zahl der Juso-Mitglieder nimmt laufend zu, letztes Jahr um knapp 15 Prozent.» Den Grund hiefür sieht Wermuth in der klaren Sprache. «Wir politisieren direkt und provokativ. Das spricht junge Menschen an.»
Dies sieht auch Lukas Reimann so. «Die Lager-Idee finde ich gut», sagt der 26jährige St. Galler SVP-Nationalrat. Er habe in jüngster Vergangenheit eine steigende Beliebtheit der Juso festgestellt. Nebst der Jung-SVP, die das Referendum gegen die Personenfreizügigkeit fast im Alleingang zustande gebracht hat, hätten früher die Jungen Grünen mit ihrem Anti-Offroader-Feldzug für Furore gesorgt. «Das hat sich mit Wermuth geändert. Seit er Juso-Chef ist, zieht es junge Linke wieder vermehrt zu den Sozialdemokraten.»
Inaktive Mitte?
Für wenig Aufsehen sorgten indes Jungfreisinnige und Jung-CVP. Beide seien «viel zu wenig aktiv» und darum medial «praktisch inexistent», sagt Reimann. Diesen Vorwurf weist Brenda Mäder, Vizepräsidentin der Jungfreisinnigen, zurück. «Wir werden im Herbst ein zweitägiges Medienseminar organisieren», sagt die Thurgauerin auf Anfrage. «Das sei zwar nicht eine ganze Woche, aber immerhin.» Patricia Mattle von der Jung-CVP gibt Reimann ein Stück weit Recht: «Wir sind tatsächlich zu wenig präsent», sagt die St. Gallerin. «Doch im Gegensatz zu den Juso, die oft an der Grenze der Legalität provozieren, sei es für die gemässigte Jung-CVP schwieriger, in die Medien zu kommen.»
Stefan Schmid