Jetzt marschieren die Rechtsextremen auf

Blick

von Henry Habegger und Beat Kraushaar

BERN. Grausliche Unterstützung für die Gegner der Personenfreizügigkeit. Rechtsextreme marschieren offen auf gegen die Abstimmung vom 25. September.

Dorffest in Dulliken SO, letzten Sonntag. Stundenlang verteilt die Gruppe von Jugendlichen Flugblätter gegen die Personenfreizügigkeit. Aufmunternd klopfen ihnen Festbesucher auf die Schultern: «Weiter so!»

Erschreckend: Die so Aufgemunterten sind Rechtsextreme. Als solche leicht zu erkennen an ihren Glatzen und der einschlägigen «Mode», die sie tragen. Die Lonsdale-Kleidung ist beliebt unter Rassisten wegen der Buchstabenfolge NSDA, die an Hitlers Rassistenpartei NSDAP erinnert.

Die Glatzen mischen sich in die Abstimmung ein. Stellen sich auf die Seite von SVP und den Schweizer Demokraten (SD), die gegen die Vorlage vom 25. September kämpfen. Eines der Flugblätter, das die Glatzen in Dulliken verteilten, war der SD-Abstimmungsflyer.

Das zweite Flugblatt fabrizierten sie wohl selbst. «Lehrlinge ersetzen durch EU-Billigarbeiter?», lautete der Titel. Die «Nationale Aktive Jugend», die als Autorin zeichnet, «kooperiert» laut einem anderen Flyer mit der «Helvetischen Jugend». Kurz HJ, wie Hitlerjugend.

Diese «HJ» ist ein gewaltbereiter Rechtsextremen-Klub. Kürzlich konfiszierte die Luzerner Kantonspolizei bei HJ-Mitgliedern ein ganzes Waffenarsenal: Hieb- und Stichwaffen, Schrotflinten, Munition, Bestandteile von Granaten. Im Internet formulierte die HJ ihre Ziele so: «Unsere Herren und Damen in Bern sehen nur noch das Kapital. Das Volk ist ihnen scheissegal. Ein Haufen von Kapitalisten, Verbrechern und Volksverrätern. Ein zusammenhaltender Haufen Scheisse, den man mit Politik wohl kaum mehr bezwingen oder umpolen kann.»

Ein wüster, kaum verhüllter Aufruf zur Gewalt. Doch die HJ hat ihre Finger bereits in der offiziellen Politik. Via die rechtsextreme «Partei National Orientierter Schweizer» (Pnos), die gewählte Politiker in Günsberg SO und Langenthal BE stellt. Pnos-Führungsmitglied Pascal Lüthard ist aktives HJ-Mitglied. Die HJ-Seite gehört einem Marc Lüthard. Beide kommen aus Glashütten AG. Die Glatzen nisten sich dreist in unserem System ein.

Was haben SVP und SD mit dem Auftritt in Dulliken zu tun? «Gar nichts, die mischen sich selbständig ein», protestiert SD-Präsident und Nationalrat Bernhard Hess. Die Sache sei «peinlich», umso mehr, als er sich stets klar von Neonazis distanziere.

Doch der politische Boden ist derzeit fruchtbarer für die braune Saat als früher. Nach der Rütli-Schande vom 1. August, als Neonazis Bundespräsident Samuel Schmid (SVP) niederschrieen, hielt der Vizepräsident der SVP Luzern im Internet fest: Schmid habe mit seiner Rede provoziert, indem er sich zu Rassismus und Antisemitismus äusserte. «Nicht verwunderlich, dass dem Referenten die Sympathie der Zuhörer fehlte.»

Sogar der zuständige SVP-Justiz- und Polizeiminister Blocher verharmloste bislang: «Der Linksextremismus ist von der polizeilichen Gefährdung her gefährlicher als der Rechtsextremismus.»