22.9.2013. Der Tagesanzeiger berichtete am Samstag über ein verhindertes Neonazi-Konzert in Gossau ZH. Die Organisatoren hatten aber offenbar bereits im Vorfeld Alternativen eingeplant. In einem Berghaus in der Toggenburger Gemeinde Ebnat-Kappel feierten in der Nacht auf Sonntag mehrere Hundert Neonazis aus dem In- und Ausland ungestört den 20. Todestag von Ian Stuart Donaldson. Unter anderem trat die Schweizer Rechtsrock-Band Amok auf.
Ian Stuart Donaldson (ISD) war Leadsänger von Skrewdriver, der wohl bekanntesten Band aus dem rechtsextremen Spektrum, und Mitbegründer des internationalen Neonazi-Netzwerkes Blood & Honour. Längst ist es bei Neonazis zur Tradition geworden, den Todestag mit sogenannten ISD-Memorial-Konzerten zu feiern. So fanden diesen Samstag sowohl in England als auch in der Schweiz ISD-Memorials mit mehreren Hundert Besucherinnen und Besuchern statt.
Eingeladen hatte in der Schweiz die Zürcher Sektion von Blood & Honour, allerdings unter grösster Geheimhaltung. So wurde auf dem Flyer, der in der Szene kursierte, bis zuletzt lediglich „Central Europe“ als Veranstaltungsort genannt. Trotzdem ist es antifaschistischen Kreisen gelungen, die geplante Durchführung in der Festhütte Altrüti im zürcherischen Gossau aufzudecken und publik zu machen. Die Veranstalter verloren in der Folge die Bewilligung zur Durchführung des als Geburtstagsfest getarnten Anlasses.
Zwei Schleusepunkte – und keine Polizei
Aufgrund früherer Erfahrungen hatten die Veranstalter offenbar mit dem Auffliegen des Konzertlokals gerechnet und bereits im Vorfeld Alternativen für die Durchführung des europaweit beworbenen Anlasses eingeplant. So blieb der bereits am Freitag kommunizierte Treffpunkt in der Nähe der Autobahnausfahrt Jona-Rapperswil unverändert. Von dort wurden die ausnahmslos in Autos angereisten Besucherinnen und Besucher zu einem zweiten Schleusepunkt am Bahnhof Ebnat-Kappel SG weiter gelotst. Die Feier selbst fand schliesslich weit abgeschieden auf 1100 Metern über Meer im Berghaus Girlen in der eben genannten Gemeinde statt.
Dass sich Hunderte von Neonazis in der Schweiz ungestört treffen und ein Konzert zu Ehren des Gründers eines in vielen Ländern verbotenen Neonazi-Netzwerks feiern können, ist nicht nur Zufall. So war zwar der Bundesnachrichtendienst seit längerer Zeit vorgewarnt, erachtete es aber offenbar nicht als notwendig, die kantonalen Polizeieinheiten zu informieren. An beiden Schleusepunkten wie auch am Konzertort selber war von der Polizei weit und breit keine Spur zu sehen.
Welch menschenverachtendes, rassistisches und antisemitisches Gedankengut in den Liedern der auftretenden Bands zelebriert wird, sollte spätestens 2005 einer breiteren Öffentlichkeit klar geworden sein, als es einem Journalisten der Rundschau gelang, an einem ebensolchen ISD-Memorial in Gamsen VS versteckte Kameraaufnahmen zu machen und zu publizieren. Nicht zuletzt deshalb ist es heutzutage üblich, dass Handys und Kameras an rechtsextremen Veranstaltungen verboten sind.
Die Schweiz – nach wie vor ein Konzertparadies für Neonazis
Die dem Netzwerk Blood & Honour zuzurechnende Zürcher Band Amok, welche auch auf den Rundschau-Aufnahmen zu sehen ist, trat auch dieses Jahr auf. Neben Amok spielten ausschliesslich einschlägig bekannte Bands aus dem Blood-&-Honour-Umfeld, darunter PWA aus Estland, Sniper aus Finnland und Chingford Attack aus England.
Es ist skandalös und unverständlich, dass die Schweizer Behörden keine Massnahmen ergriffen haben, um das Konzert zu verhindern, obwohl sie frühzeitig wussten, dass die Veranstaltung hierzulande stattfinden wird. Einmal mehr beweist die Schweiz somit, dass sie in der internationalen Neonazi-Szene zu Recht als Konzertparadies angepriesen wird.
Für eine Welt ohne Rassismus, Sexismus und Diskriminierung!
Antifa Ostschweiz
Nachfolgend einige weitere Informationen zu den erwähnten rechtsextremen Bands
Amok (Schweiz):
Die Rechtsrocker aus den Kantonen Zürich, Aargau und Schwyz K. Gutmann (Gesang), M. Weiersmüller (Bass), N. Fischer (Schlagzeug), T. Mächler (Gitarre), hatten am 17. September 2005 am oben erwähnten Gedenkkonzert für Ian Stuart in Brig ihren ersten erwähnenswerten Aufritt. Durch die versteckten Bild-und Tonaufnahmen des Journalisten war die Musik des Quartetts, das bis dahin darauf bedacht war, seine gewaltverherrlichenden und rassistischen Text möglichst szeneintern zu halten, erstmals öffentlich zu hören. Die vier Musiker von Amok sind auch abseits der Bühne nicht inaktiv, sondern eng vernetzt mit der gewaltbereiten Naziskin-Szene: Zwei Bandmitglieder zählten zu den rund 30 vermummten Schlägern, die im Sommer 2007 eine Veranstaltung der JuSo in Glarus angriffen. Sie wurden deswegen auch verurteilt. Bei einer Hausdurchsuchung stellte die Polizei illegale Waffen sicher. Ein weiterer Musiker beteiligte sich an einer Massenschlägerei im liechtensteinischen Mauren. Obwohl Amok nach den Vorfällen verkündete, nicht mehr aktiv zu sein, verschwand die Band nie ganz von der Bildfläche – sondern gehört mit zu den bekanntesten Bands der Schweizer Rechtsrock-Szene. Herausgegeben haben sie zwei Alben (2007: verbotene Wahrheit/ 2010: Kraft aus dem Herzen).
Rundschaubericht zur Band Amok aus dem Jahr 2008:
http://www.youtube.com/watch?v=KTIVrzPircc
PWA – Preserve White Aryans (Estland):
Die Band P.W.A. wurde 1988 unter dem Namen «Perverts Versus Angels» (P.V.A.) in Estland gegründet. 1998 änderten sie ihren Namen in «Preserve White Aryans» (P.W.A.). Den Musikstil beschreiben sie selbst als eine Mischung zwischen Oi!-Punk und Hardcore.
Bei P.W.A. handelt es sich um eine estnische Nazi-Band aus der Hauptstadt Tallinn, welche eng mit dem Blood & Honour-Netzwerk verknüpft ist. So erschienen wiederholt Lieder von ihnen auf Soli-Samplern für Blood & Honour. Das erste Mal wohl 1999 mit dem Titel «Tomorrow belongs to us», auf dem Sampler «Blood & Honour Vol. 3». Auch wenn die Band selbst dem Blood & Honour-Netzwerk angehört, pflegen sie offensichtlich auch Kontakte zu Bands aus dem Umfeld der Hammerskins. 2012 erschien ein Split-Album von P.W.A. zusammen mit der amerikanischen Hammerskin-Band Youngland», eine amerikanische Neonazi-Band aus Orange-County. Deren Bassist (mindestens von 2001 bis 2003) und amerikanische Hammerskin Wade Michael Page wurde 2012 weltweit bekannt, nachdem er am 5. August 2012 in Oak Creek (Wisconsin, USA) einen Sikh-Tempel stürmte und dort sechs Menschen erschoss.
P.W.A selbst machen aus ihrer nationalsozialistischen Gesinnung keinen Hehl, in mehreren Magazinen sind entsprechende Interviews zu finden. So unter anderem auch ein Interview vom Dezember 2009 auf dem Neonaziblog «ns-revolt». Dort beschreiben sie die Bedeutung ihres Bandnamens wie folgt: «We have to preserve our race and white European culture. If we don’t do anything, we are very soon minorities in our territory. So, we have to preserve white Aryans against all this multiculti scum, and stop Zionist occupation.» (Quelle: http://revoltns.blogspot.com/2009/12/pwa-interview.html)
P.W.A. änderte im Laufe ihrer Bandgeschichte die Besetzung diverse Male. Einzige Konstante seit 1990 ist Jaanus «Igel» Koorep. Seit 2005 scheint sich die Besetzung allerdings stabilisiert zu haben und sieht nach dem letzten Wissensstand wie folgt aus: Benton (Gitarre, seit 2005), Jaanus «Igel» Koorep (Gitarre und Gesang, seit 1990/1998), Kenny (Schlagzeug, seit 2005), Mantas (Bass, seit 2002).
Aufgrund der langen Bandgeschichte und ihren unzähligen Auftritten in den diversen Ländern der Welt, verfügt die Band über gute Verbindungen in verschiedenste Kreise der rechtsextremen Musikszene, insbesondere aber über enge Kontakte innerhalb des Blood & Honour- Netzwerkes. Gute Kontakte scheinen sie dabei vor allem auch zu den «Veneto Fronte Skinheads» aus Italien zu pflegen. Innerhalb der estnischen extremen Rechten sind enge Kontakte zur euroskeptischen, neonazistischen Partei «Estnische Unabhängigkeits-Partei» zu erwähnen. So ist Bandleader Jaanus Koorep dort Parteimitglied (bestätigt bis mindestens 2009).
Seit ihrer Gründung erschienen mittlerweile acht Alben, zwei davon als Split-LP’s mit anderen Rechtsrock-Bands. Wurden die ersten beiden Alben noch von der Band selbst veröffentlicht, erschienen ihre Alben – nach einem kurzen Abstecher zu «Popgrom Records» von 2004 bis 2007 bei den skandinavischen Rechtsrock-und RAC-Labels «North X Records» und «Nordvind Records». Seit spätestens 2009 erscheinen die Alben von P.W.A. jedoch beim amerikanischen Label «Strong Survive Records» aus Illinois, welche viele bekannte Neonazi-Bands vertreibt, so unter Anderen: «Bound for Glory», «Kill Baby, Kill!» und «White Devils».Die acht von P.W.A. veröffentlichten Alben lauten wie folgt:
– «Pride, strength, unity» (Demotape 2000 od. 2001 self-released)
– «It’s time to awake!» (2000 od. 2001 / self-released)
– «In hate of the Russian» (2003 – Zusammen mit „Sniper“ aus Finnland / Popgrom)
– «Nordic Blood» (2004 / NorthX Records)
– «Out of order» (2007 / Nordvind Records)
– «Rock against communism» (2009 – 10 Jahr-Jubiläum / Strong Survive Records)
– «Eyes Wide Shut» (2011 / Strong Survive Records)
– «Double Strike» (2012 zusammen mit Youngland aus den USA / Strong Survive Records)
Interview auf der Blood & Honour Homepage:
http://www.bloodandhonourworldwide.co.uk/magazine/issue31/issue31p10.html
Chingford Attack (England):
Über diese Band ist im Internet – neben Musikvideos – praktisch nichts zu finden. Klar ist: die Band stammt aus England (oder genauer: Chingford, ein Quartier im Londoner East End), besteht seit ca. 20 Jahren und ist eindeutig dem Blood & Honour- Umfeld zuzurechnen.
Auch die Texte machen keinen Hehl aus der neonazistischen Ideologie, rufen offen zur Gewalt auf und hetzen gegen Dunkelhäutige, Juden und Linke. Zum Beispiel:
Coon Hunt (Deutsch: «Neger»-Jagd)
Gonna catch me a nigger gonna put him in a van
Take him to the forest to meet the clan
Give him 2 minutes to run away
Son of a gun I’m gonna blow him away
CHORUS
Coon Hunt, nowhere to run
Coon Hunt, your time has come
Coon Hunt, I’ll make him pay
Coon Hunt, blow him away!
He’s swinging through the trees he’s trying to get away
For the sins of his race gonna make him pay
Fuck with us and we’ll pay it back(????????)
No nigger lover here’s gonna cut you no slack
CHORUS
He’s hiding in a bush with nowhere to go
Bullet in the head puts an end to his show
Shallow garve on the side of the hill
One less nigger for us to kill
CHORUS
Als weiteres Beispiel einer Textstelle: «Es ist Freitagnacht, wir sind in der Bar, bereit für einen Kampf. Ich suche nach einem «Neger», bring einen Juden, irgendeinen Linken – wir machen sie alle fertig» ( http://www.youtube.com/watch?v=tW0gYvsAg2U).
Interview auf der Blood & Honour Homepage:
http://www.bloodandhonourworldwide.co.uk/magazine/issue17/issue17p6.html
Interview mit der Band von der Neonaziseite www.ainaskin.com:
http://www.youtube.com/watch?v=j94EhOangfA
Sniper (Finnland):
Die finnische Rechtsrock-Band wurde im Januar 1997 in Kuusankoski gegründet., gemäss eigenen Angaben als zweite neonazistische Band Finnlands nach Mistreat. Der Name nimmt Bezug auf den finnischens Scharfschützen Simo Häyhä. Auch Sniper ist klar eine Band aus dem Umfeld von Blood & Honour. Hier ihre Antwort auf die Frage nach ihren olitischen Aktivitäten:
«We are not very active politically, but our lyrics are mostly very political. We supporting B & H organisation and also all the extreme right parties and organisations + all kind war veterans organisations are close by our hearts.» (Quelle: http://revoltns.blogspot.com/2009/10/sniper-inerview.html)
In Finnland ist Blood & Honour eine relativ starke Organisation und betreibt mehrere Clubhäuser. Darüber hinaus organisieren sie seit einigen Jahren jeweils ein mehrtätiges Rechtsrock-Festival mit dem Titel «Nordic Summer Festival».
Nach letzten Informationen besteht die Band aus: Korkki (Bass und Gesang – einziges Gründungsmitglied), Kokko (Gitarre), Jamo (Gitarre) und Tappo (Schlagzeug). In den bald 17 Jahren, in welchen es die Band gibt, veröffentlichte sie bisher 12 CD’s, darunter zwei Split-LP’s, eine mit der estnischen Band «P.W.A.» (siehe oben) und eine mit der Rechtsrock-Band «Nordic Wrath». Ein Grossteil ihrer Texte ist englisch. 2003 gab Sniper mit «Sotaa!» (fin.: Krieg) ihr einziges finnisches Album heraus.
Hier alle Alben der Band im Überblick:
– The Moment of Truth (2002 / AinaSkin Services)
– Waiting for the Good Times (2002 / PoPgrom Records)
– Praise & Prelude to a New World (2003 / PoPgrom Records)
– In Hate Of The Russian (Split-LP mit P.W.A. -2003 / PoPgrom Records)
– Sotaa! (2003 -PoPgrom Records)
– Born to War (2004 / NorthX Records)
– One Last Stand (2005 / NorthX Records)
– All Hits…No Misses! (2005 / Micetrap Records)
– Hail the White Race! (2006 / NorthX Records)
– On the road to victory (2009 / Nordvind Records)
– War is coming (2011 / Rampage Productions)
– Waffenbrüder II (Split-LP mit Nordic Wrath – 2013 / Front Records)