Basellandschaftliche Zeitung vom 21.08.2009
Grosse Mängel im polizeilichen Ermittlungsverfahren gegen die sieben rechtsextremen «Glatzen». Während die Anklage teilbedingte Gefängnisstrafen gefordert hat, plädierten die Anwälte der gewaltbereiten «Glatzen» auf teilweise Freisprüche.
Rolf Schenk
Kontroverser hätten die Plädoyers im Prozess gegen die sieben ehemaligen Skins, «Glatzen» oder Rechtsextreme (je nach Wahl) nicht sein können. Mitschuld daran tragen die «teilweise chaotischen Untersuchungen» der Polizei, wie Staatsanwalt Jörg Rudolf gestern in seinem sehr sachlichen, ausgewogenen, aber auch klaren Plädo- yer freimütig bekannte.
Dürftige Ermittlungen
Für ihn steht aber fest, dass sich alle Angeklagten zwischen Mai 2005 und Anfang 2007 an rechtsextremen Ausschreitungen (bz vom Dienstag) beteiligt haben, bei denen mehrere Personen erheblich verletzt worden sind. Dass einzelne dieser Körperverletzungen nicht hieb- und stichfest einzelnen Personen zugeordnet werden können, liegt nicht nur an der › Entschuldigung › lausigen Polizeiarbeit, sondern auch an den doch eher dürftigen Ermittlungen der Strafverfolgungsbehörden. Sie haben auch einigen Anteil daran, dass das Verfahren so lange gedauert hat und deswegen verschiedene Fälle bereits verjährt sind.
Doch die jetzt entstandenen juristischen Haarspaltereien täuschen nicht darüber hinweg, dass die sieben › mit einer Ausnahme › zumindest in ihrer Schlägermontur mit Bomberjacke und Springerstiefeln allesamt sehr intolerant und gewaltbereit waren.
«Das Verschulden aller wiegt sehr schwer», sagte Jörg Rudolf in seinem knapp zweistündigen Plädoyer. Ihre Taten könnten weder durch ihren schweren Alkoholmissbrauch noch mit «jugendlichem Leichtsinn» entschuldigt werden. Gegen diese These spreche auch, dass sie in der Voruntersuchung versucht hätten, die Schuld den Opfern zuzuweisen.
Für den Jüngsten, aber aktivsten der Schlägertruppe, der mehrfach einschlägig vorbestraft ist, forderte der Staatsanwalt unter Einbezug dieser und noch hängiger Verfahren eine Gesamtstrafe von dreieinhalb Jahren, davon 21 Monate für die ihm im Baselbiet zur Last gelegten Straftaten. Zwei weitere Schläger will er › teilbedingt › für zweieinhalb Jahre, davon sechs Monate unbedingt, im Gefängnis sehen.
Ein weiterer, bei dem nicht nur viel Nazi-Propagandamaterial, sondern auch ein ganzes Waffenarsenal beschlagnahmt worden war, soll für zwei Jahre ins Gefängnis. Seine Strafe, wie auch jene der beiden, die Rudolf für 18 respektive 16 Monate ins Gefängnis stecken will, sollen bedingt ausgesprochen werden. Das bekennende Pnos-Mitglied, das sich aber an den Schlägereien nicht beteiligt hat, solle zu 330 Tagessätzen à 30 Franken verurteilt werden, forderte Jörg Rudolf.
Halbherzige Reue
Letzterer sagte zu der unter dem Vorsitz von Strafgerichtspräsidentin Jacqueline Kiss tagenden Kammer des Baselbieter Strafgerichts, dass er nicht einsehe, warum er überhaupt vor Gericht stehe. Drei der vier Verteidiger weiterer Angeklagten forderten für ihre Mandanten weitgehende Freisprüche, weil sie ihre Beteiligung an den Gewaltexzessen bestreiten und ihnen auch nicht nachzuweisen sei, dass sie die angeklagten Straftaten begangen haben.
Die Täter wiederum haben ihre Taten mehr oder weniger deutlich bereut und sich von ihren Monturen verabschiedet. Ob sie allerdings so geläutert sind, wie sie das in der Hauptverhandlung dem Gericht weis machen wollten, bleibt dahin gestellt.
Das Gericht wird sich nun zur Beratung zurückziehen. Sein Urteil wird am 2. September eröffnet.