Der Verteidiger fordert für den an schweren Persönlichkeitsstörungen leidenden rechtsextremen NPS-Gründer acht Monate bedingt
Ehrlich wolle er sein, weshalb er auch sage, dass er «fast sicher» sei, dass er selber abgedrückt und niemand auf ihn eingewirkt habe. Der 28-jährige Angeschuldigte, der vor vier Jahren mit der Gründung der rechtsextremen Nationalen Partei Schweiz (NPS) für Schlagzeilen gesorgt hatte und sich nach wie vor in rechtsradikalen Kreisen bewegt («Bund» von gestern), beteuerte gestern vor Gericht aber auch, dass er sich damals, am 17. Februar 2002 vor dem Nachtlokal in der Aarbergergasse, in einer ausweglosen Situation und «an Leib und Leben bedroht» gefühlt habe. Vor ihm stand damals ein Türsteher, ein regelrechter Brocken von einem Mann, 101 Kilogramm schwer, Superschwergewicht. Und dieser Mann war wütend auf ihn. Warum, das konnten weder der Angeschuldigte noch der Türsteher schlüssig erklären. Der Türsteher gab einzig an, der Angeschuldigte habe eine Grimasse gezogen oder auf den Boden gespuckt. Nachdem der Angeschuldigte eine Pistole gezückt hatte, musste der Türsteher jedenfalls von Kollegen zurückgehalten werden – sonst wäre er hingegangen und hätte den Angeschuldigten «verschlage», wie er vor Gericht freimütig einräumte. Der Angeschuldigte rief seinen Bruder an, der versuchte, auf den Türsteher einzureden. Als dies aber nichts fruchtete, gab der Angeschuldigte einen Schuss ab – «einen gezielten Warnschuss», wie er sagt. Das Projektil blieb einen Meter neben dem Türsteher und anderthalb Meter neben dessen Kollegen stecken. Eine halbe Stunde später rief der Angeschuldigte die Polizei.
Dass sein Mandant mit der Schussabgabe das Leben zweier Menschen gefährdet hatte, bestritt der Verteidiger gestern nicht. Es sei aber auf Notwehr zu erkennen, respektive auf Notwehrexzess, da sein Mandant die Grenzen der erlaubten Notwehr überschritten habe. Grundsätzlich unbestritten waren auch die anderen Vorwürfe. Unter anderem, dass der Angeschuldigte im September 2002 aus der psychiatrischen Klinik dem Leiter der Staatsschutzabteilung der Stadtpolizei per SMS mitgeteilt hatte, er werde von einem Türken entführt. Auch hier habe sich sein Mandat aber real bedroht gefühlt, weshalb er in der Psychiatrie Schutz gesucht habe. «Das SMS war Ausdruck seiner Angst, seiner Hilflosigkeit.»
Obschon der Angeschuldigte bereits im Mai 2001 u.a. wegen Betrugs zu einer bedingten Gefängnisstrafe verurteilt wurde, forderte der Verteidiger erneut die Gewährung des bedingten Strafvollzugs. Oder zumindest den Aufschub der Strafe zugunsten einer ambulanten Massnahme. Man müsse die positive Entwicklung seines an schweren Persönlichkeitsstörungen und an Tics leidenden Mandanten im letzten Jahr berücksichtigen, sprich die Therapie, die feste Beziehung, den geschützten Arbeitsplatz, das Hauswartsamt. Er erachtet 8 Monate Gefängnis für angemessen. Das Urteil wird am Dienstag eröffnet. (gmü)