Tages-Anzeiger. Ein Apartmenthaus in Arosa zieht den Ärger der jüdischen Gemeinschaft auf sich. Auslöser sind zwei Warnschilder.
Das Apartmenthaus Paradies in Arosa erhält zurzeit viel Aufmerksamkeit – mehr, als dem Management lieb ist. Es ist ein regelrechter Shitstorm, der auf die Unterkunft niederprasselt. Englische, französische oder auch italienische Zeitungen haben gestern schon über den Fall berichtet. In Israel hat sich Aussenministerin Tzipi Hotovely zu Wort gemeldet: Das sei «ein antisemitischer Akt der schlimmsten Sorte», sagte sie im israelischen TV-Sender Channel 2.
Was ist passiert? Das Personal des Apartmenthauses hatte zwei Warnschilder montiert. Englische Botschaften, die sich explizit an jüdische Gäste richten. Auf einem stand geschrieben: «Für unsere jüdischen Gäste, Frauen, Männer und Kinder, bitte gehen Sie duschen, bevor Sie den Pool benutzen.» Das Hotel beherbergt regelmässig Gäste aus Israel, darunter auch streng orthodoxe Juden. Ein Gast meldete den Vorfall dem Fernsehsender Channel 2: «Das Personal war eigentlich sehr nett zu uns. Eines Morgens kam ich runter und sah dieses Schild. Ich war schockiert!» Ein zweites Warnschild war auf einer Tiefkühltruhe angebracht. Darauf die Bitte, dass die jüdischen Gäste diese nur noch während bestimmter Uhrzeiten benutzen sollen. «Unser Team möchte nicht ständig gestört werden. Wir hoffen auf Ihr Verständnis», stand geschrieben. Der Tiefkühler steht in einem Raum, zu dem eigentlich nur das Personal Zutritt hat.
Der Vorfall wird nun auf höchster politischer Ebene diskutiert. Die israelische Aussenministerin Hotovely wandte sich gestern an Jacob Keidar, den israelischen Botschafter in der Schweiz. Dieser suchte umgehend das Gespräch mit Aussenminister Didier Burkhalter. Die Schweiz verurteile jede Form von Rassismus, Antisemitismus und Diskriminierung, hiess es aus dem Departement von Didier Burkhalter.
Die zuständige Person im Apartmenthaus Paradies spricht von einem «Missverständnis». «Die Schilder waren keine gute Idee», sagte die Verwalterin*, welche die Hinweise verfasste, im
Gespräch mit dem «Tages-Anzeiger». Sie werde derzeit von Reaktionen überrollt.
Späte Einsicht
Die Wortwahl sei ungeschickt gewesen, sagte die Frau. Insbesondere, dass sie sich explizit an die jüdischen Gäste gewandt habe: «Das würde ich so nicht mehr schreiben.» Man habe gewisse Probleme gehabt mit jüdischen Gästen, die sich ungeduscht und mit T-Shirt ins Wasserbecken begaben. Das sei unhygienisch und störend für andere Feriengäste, die sich an die Regeln halten würden. Die Benutzung der Tiefkühltruhe sei ein Entgegenkommen gewesen, sagte die Frau. Abgesehen vom Personal habe diese niemand benutzen dürfen – ausser die jüdischen Gäste.
Es ist fraglich, ob die Erklärungen die erhitzten Gemüter besänftigen können. Auch die jüdische Gemeinschaft in der Schweiz verurteilt das Vorgehen des Personals. «Dieser Aushang ist völlig inakzeptabel», sagte Jonathan Kreutner, Generalsekretär des Israelischen Gemeindebunds (SIG), zum «Tages-Anzeiger». Da der Text ausschliesslich an Juden adressiert sei, diskriminiere er diese. «Wir überlegen uns nun die weiteren Schritte.» Kreutner möchte aber auch erwähnt haben, dass das Miteinander von Einheimischen und jüdisch-orthodoxen Gästen aus dem Ausland «im Grossen und Ganzen» gut funktioniere.
Gast verteidigt Personal
Das Apartmenthaus hat die Schilder inzwischen demontiert. Sie hoffe, dass sich der wirtschaftliche Schaden in Grenzen halte, sagte die Verwalterin. Jüdische Gäste seien weiterhin «sehr willkommen». Unterstützung bekommt das Apartmenthaus von einem Stammgast: Er kenne die Belegschaft sehr gut, sagte ein Mann aus Israel der Zeitung «Israel National News». «Ich war schon mehrere Male in diesem Hotel. Das Personal ist so weit vom Antisemitismus entfernt wie der Ferne Osten vom Westen.»
* Name der Redaktion bekannt.