Blick am Abend. Eine Botschaft an die Gäste im Apartmenthaus Paradies in Arosa GR sorgt sogar in Israel für Aufruhr.
An unsere jüdischen Gäste: Bitte duschen Sie vor und nach dem Schwimmen in unserem Schwimmbad. Tun Sie das nicht, bin ich gezwungen, das Schwimmbad für Sie zu schliessen» – ein Plakat mit dieser Botschaft, auf Englisch verfasst, sorgt in Israel derzeit für heftige Kritik. Aufgehängt wurde es im Apartmenthaus Paradies in Arosa GR – unterschrieben hat Ruth T.*.
Ein zweites Plakat soll die jüdischen Gäste darauf hingewiesen haben, dass sie sich am Tiefkühler im Apartmenthaus nur zwischen 10 und 11 Uhr sowie von 16.30 bis 17.30 Uhr bedienen dürften. «Wir hoffen, Sie verstehen, dass unser Team nicht dauernd gestört werden will», steht geschrieben. Aufgegriffen hat die Geschichte unter anderem der israelische TVSender Channel 2. Eine Familie hatte die Plakate während ihrer Arosa-Ferien fotografiert und sich an den Sender gewandt.
Sogar die stellvertretende israelische Aussenministerin Tzipi Hotovely äussert sich zum Fall und kritisiert die als «Hotelbesitzerin» bezeichnete Ruth T. scharf. Die Politikerin spricht von «hässlichem Antisemitismus». Sie habe sich an den israelischen Botschafter in der Schweiz gewandt, die Plakate sind entfernt worden. Dennoch verlangt Hotovely von der Schweizer Regierung eine «formale Verurteilung».
Gegenüber Blick am Abend erklärt Ruth T. jetzt die Hintergründe: Sie sei gar nicht Hotelmanagerin. Beim «Paradies» handle es sich um ein Apartmenthaus, das Ferienwohnungen vermiete, und sie sei dort bloss Abwartin. «Im Moment haben wir sehr viele jüdische Gäste, und mir ist aufgefallen, dass sich einige vor dem Schwimmen nicht duschen. Ich habe dann etwas naiv dieses Palakat geschrieben», sagt T. Es sei ihr bewusst, dass es wohl besser gewesen wäre, die Aufforderung, vor dem Baden zu duschen, an alle Gäste zu richten.
Ausgerechnet Juden zum Duschen schicken? Das ruft Erinnerungen an die Hitler-Zeit hervor. So wurden Juden in Konzentrationslagern von den Nazis in Duschkammern geschickt. Doch statt Wasser strömte Giftgas aus den Brausen.
Die Kritik am Tiefkühler-Plakat hält T. indes für unfair. «Wir bieten als Service für unsere jüdischen Gäste an, dass sie ihre koscheren Lebensmittel in unserem Tiefkühler lagern dürfen. Dieses Angebot richtet sich aber nur an unsere jüdischen Gäste.»
Das Problem: Der Tiefkühler stehe im Personalraum. Gäste hätten sich über den ganzen Tag verteilt immer wieder am Tiefkühler bedient. «Damit unser Personal in Ruhe Zmittag und Znacht essen kann, habe ich Zeiten festgelegt, wann unsere jüdischen Gäste sich am Tiefkühler bedienen dürfen», sagt T. Ob diese Erklärung reicht, um in Israel die Gemüter zu beruhigen?
* Name der Redaktion bekannt
Nicht der erste Hotelier-Fauxpas
Bereits im Mai 2015 machte ein Schweizer Hotel Schlagzeilen, als es gezielt eine gewisse Gästegruppe rüffelte. Die Direktorin des Hotel Monopol in Luzern ärgerte sich darüber, dass vor allem arabische und asiatische Gäste am Zmorge-Buffet bergeweise Essen auf den Teller luden – und dann die Hälfte stehen liessen. Zur Illustration verteilte die Direktorin Fotos, die hungernde afrikanische Kinder zeigten. Immerhin: Die Aktion wirkte, und die Lebensmittelverschwendung ging um 70 Prozent zurück.
«Dieses Plakat ist völlig inakzeptabel»
Für Jonathan Kreutner vom SGI ist der Zettel in Arosa GR ein absolutes No-Go.
Ein Zettel im Apartmenthaus Paradies in Arosa GR sorgt derzeit für jede Menge Ärger. Denn dort heisst es: «An die jüdischen Gäste: Bitte geht vor dem Schwimmen duschen!» Unterschrieben von Ruth T.*
Sie arbeitet als Abwartin im Hotel und bereut, die Botschaft in dieser Form angebracht zu haben. Besser wäre es wohl gewesen, die Aufforderung an alle Gäste zu richten. Das Pool-Plakat ist zwar weg – die Empörung aber kommt erst jetzt so richtig. Nicht nur in den sozialen Medien wird das Poster scharf kritisiert. Auch der Schweizerische Israelitische Gemeindebund (SGI) zeigt sich entsetzt über die Naivität von T. «Dieser Aushang ist völlig inakzeptabel. Da der Text ausschliesslich an Juden adressiert ist, diskriminiert er diese», sagt Jonathan Kreutner, Generalsekretär vom SGI, zu Blick am Abend. Deswegen überlege man sich auch weitere Schritte. Wie genau diese aussehen würden, ist allerdings offen.
Probleme wie in Arosa entstünden meist aus Unwissenheit. Und zwar auf beiden Seiten, wie Kreutner betont. «Genau da setzen wir mit einem neuen Projekt mit dem Namen «Likrat public» an. Damit wollen wir Aufklärungsarbeit auf beiden Seiten leisten, Missverständnissen vorbeugen und Vorurteile abbauen.»
Ein Projekt, das Kreutner am Herzen liegt. Jüdische Jugendliche besuchen dabei Schulklassen und berichten über ihre Religion. Das Ziel: Sensibilisierung und Toleranz gegenüber dem Judentum.