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Der aktivste Holocaust-Leugner der Schweiz wirbt auf dem Internet. Jetzt ermitteln die Behörden.

Seine Präsenz auf dem Internet ist unübersehbar geworden – der Basler Jürgen Graf, 46, wird zu einer zentralen Figur der europäischen und amerikanischen Neonazi-Szene: Seit kurzem ist er gleich auf mehreren Homepages mit Propagandaschriften im Internet vertreten, welche die Massenvernichtung der Juden in den Gaskammern der Nazis leugnen. So drucken etwa die amerikanischen Neonazis der international gut vernetzten Gruppe CODOH eine französische Version seines Buches «Der Holocaust-Schwindel» ab. Aus Stockholm schwärmt die antisemitische Internet-Site «Radio Islam» vom «famous author» Graf – mit Übersetzungen und Porträtfoto. Und das «Bürgerforum Europa», betrieben von Österreichischen Rechtsextremen, widmet ihm gar eine eigene «Jürgen Graf Webseite», wo verschiedene seiner Schriften veröffentlicht sind.

Am bezeichnendsten aber ist, dass jetzt der deutschkanadische Neonazi Ernst Zündel die grafschen Elaborate auf seiner «Zündelsite» in Toronto publiziert hat – seit einigen Tagen auch dessen neusten Artikel. Zündel hat die wohl bedeutendste Schaltstelle für neonazistische Umtriebe und Propaganda in Europa und Amerika. Der deutsche Verfassungsschutzbericht 1995 bezeichnet ihn als «weltweit führenden Revisionisten». «Revisionisten» behaupten mit pseudowissenschaftlichen Gutachten, es habe weder die Gaskammern noch die Massenvernichtung von Juden gegeben. So wollen sie den Nationalsozialismus wieder hoffähig machen.

Bisher galt das Internet als sichere Tummelwiese für Neonazis, weil sich das internationale Datennetz nationalstaatlichen Gesetzen weitgehend entzieht. Jetzt aber läuft gegen Jürgen Graf wegen seines Internet-Auftritts ein Strafverfahren, wie der Aargauer Staatsanwalt Dominik Aufderblatten gegenüber FACTS bestätigte. Auf den diversen Homepages werden nämlich zwei Verlage in der Schweiz mit voller Adresse und dem ausdrücklichen Hinweis angegeben, dass dort die Bücher von Graf zu beziehen seien. Neben Grafs Eigenverlag «Guideon Burg Verlag» in Basel ist dies vor allem der Verlag «Neue Visionen» von Gerhard Förster im aargauischen Würenlos. Mit dieser öffentlichen Werbung, so glauben die Ermittlungsbehörden, verstossen Graf und sein Verleger Förster gegen das Antirassismusgesetz. Bereits wurde Graf vom zuständigen Badener Untersuchungsrichter Stefan Kalt verhört. Nun versucht er seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen: Bei den Einvernahmen schob er die Verantwortung auf Zündel und wollte mit dem Abdruck seiner Werke auf dem Internet nichts zu tun haben. Untersuchungsrichter Kalt hat darum in Kanada Rechtshilfe beantragt.

Entlarvend und wohl auch strafrechtlich relevant ist aber, dass Graf zum Beispiel auf der Homepage von Zündel gleich selber öffentlich mit einer Neuauflage seines Buches «Der Holocaust-Schwindel» wirbt, die auf «ca. Anfang 1997» geplant sei. Nachdem dieses Buch vor vier Jahren erschienen war, wurde Graf als Latein- und Französischlehrer an der Sekundarschule Therwil entlassen.

Gegen Graf und Förster laufen bereits mehrere Verfahren wegen Rassendiskriminierung. Vor dem Bezirksgericht Baden ist ein Prozess gegen die beiden hängig. Der Staatsanwalt, so war hinter vorgehaltener Hand zu hören, beantragt Gefängnisstrafen von mindestens zwölf Monaten.

Daniel Ammann

ZENTRALE FIGUR: Holocaust-Leugner Jürgen Graf, rechts oben auf der Internet-Homepage von Radio Islam, zusammen mit Ahmed Rami und gefeiert als «famous author».

Verleger Ernst Indlekofer

Rassismus-Prozess

Auch dem Basler EDV-Berater Ernst Indlekofer kann der Prozess wegen Rassendiskriminierung gemacht werden: Die Basler Überweisungsbehörde hat letzte Woche einen Rekurs Indlekofers abgewiesen und die Klage der Staatsanwaltschaft zugelassen. Dies bestätigte Markus Merzl, Medienchef der Staatsanwaltschaft Basel-Stadt. Indlekofer gibt die Publikation «Recht + Freiheit» heraus. Er war Kopräsident im Referendumskomitee gegen das Antirassismusgesetz und bis vor einem Jahr SVP-Mitglied.