Polizei enttarnt Neonazi-Band mit Mitgliedern vom Zürichsee
In aufwendigen Ermittlungen hat die Polizei eine Neonazi-Band enttarnt. Der Sänger stammt aus Hombrechtikon, der Schlagzeuger aus Wolfhausen und der Gitarrist aus Siebnen.
Frank Speidel
«Hans Stutz, du musst dich nicht verwundern, wenn einst ein Messer in deinem Rücken steckt» – dies der Text in einem Lied der Band Amok. Bedroht wird in dem vor einem Jahr veröffentlichten Song der Luzerner Politiker und Journalist Hans Stutz. Nun hat die Polizei die Mitglieder der Band in aufwendigen Ermittlungen enttarnt. Dies war in einem am Mittwoch ausgestrahlten Bericht der Sendung «Rundschau» des Schweizer Fernsehens zu erfahren. Die Bandmitglieder von Amok sind im rechtsextremen Untergrund aktiv. Jetzt werden sie sich vor der Luzerner Justiz wegen Verstössen gegen die Antirassismus-Strafnorm und wegen Drohung mit Gewalt zu verantworten haben. Zudem hat die Polizei bei Hausdurchsuchungen illegale Waffen sichergestellt.
Drei der 21- bis 27-jährigen Mitglieder der Neonazi-Band wohnen in der Region. Sie sind alle Handwerker, bis auf einen – er studiert Informatik. Der Sänger von Amok wohnt in Hombrechtikon, der Schlagzeuger in Wolfhausen, der Gitarrist in Siebnen und der Bassist im aargauischen Zetzwil. In Siebnen befand sich das Probelokal der Band. Mit Überwachungskameras observierte die Polizei den Eingang des Raums. Solche Überwachungen haben auch in anderen Kantonen stattgefunden. In diesem Proberaum konnte die Polizei ein Liederbüchlein sicherstellen. Dieses Dokument diente als Beweis, um die vier Bandmitglieder wegen Verstössen gegen die Anti-Rassismus-Strafnorm zu überführen.
Prügel auf dem Pausenplatz
In den Liedertexten erinnert sich der Sänger an seine Schulzeit in Hombrechtikon. Dort musste er offensichtlich öfters Prügel einstecken: «Ich weiss noch, in der Schule, da ging der Ärger los. Mit vielen blauen Augen kamen wir nach Haus», berichtet er in einem Lied. Lothar Janssen, der Leiter der Beratungs- und Präventionsstelle (BPS) an der Schule Hombrechtikon, erinnert sich an den Rechtsextremen. Im Dorf verhalte er sich unauffällig und trete kaum in Erscheinung. «Er hat sich für die Hard- core-Variante rechtsaussen entschieden.» Die Rechtsextremen wissen, dass Janssen ihre Einstellung verurteilt. Sie weichen ihm aus, wenn sie ihm im Dorf über den Weg laufen. Der Jugendarbeiter unterstützt das Vorgehen der Polizei. «Leute, die es nicht einsehen, muss man hart anpacken.»
Die Amok-Musiker wenden auch Gewalt an. Im Sommer 2007 griffen in Glarus rund 30 vermummte Schläger eine Kundgebung von Jungsozialisten an. Es wurden Waffen eingesetzt, mehrere Personen wurden verletzt. Auf am Boden liegende Personen wurde weiter eingeschlagen. Vier anwesende Zivilpolizisten griffen ein. Sie wurden auch angegriffen und verletzt. Einer der auf dem Fahndungsvideo erkennbaren Schläger trug an dem Tag ein Amok-T-Shirt. Dank ihm stiess man auf die Verbindung zur Band. Wie die Ermittlungen der Polizei zeigten: Drei der Schläger von Glarus wohnen in Hombrechtikon, einer ist der Sänger von Amok. 18 der Rechtsextremen konnten identifiziert werden und sind im Kanton Glarus rechtskräftig verurteilt worden.
Amok bekennt sich zu Gewalt
Der Gitarrist von Amok, Thomas Mächler, gab in der «Rundschau» ein Interview – im Beisein seines Anwalts Valentin Landmann. Er sagt, dass er auch heute noch zu den Texten in den Liedern steht. Als er zu jenem mit der Drohung gegen Hans Stutz befragt wurde, liess er seinen Anwalt antworten. Der Text sei als verbaler Schlagabtausch gedacht gewesen, erklärt Landmann. Mit Entsetzen habe man später gemerkt, das dies als ernsthafte Drohung aufgefasst werden könnte. Diese Formulierung sei wohl ein Fehler gewesen.
Wozu Amok aber steht, ist die Gewalt. Die Band spielte mehrmals an Konzerten, die von «Blood&Honour» (Blut und Ehre) organisiert wurden. In Deutschland ist die Organisation verboten, weil sie den Holocaust leugnet und nationalsozialistische Ideologien verbreitet. Mit versteckter Kamera filmte die Rundschau an einem Neonazi-Konzert im Wallis, wo auch Amok einen Auftritt hatte. Tanzende Glatzköpfe mit Hakenkreuz-Shirts sind im Film zu sehen. Der Bund behält «Blood&Honour» im Auge. In den letzten Jahren wende die Organisation zunehmend Gewalt an. Amok bekennt sich zu «Blood& Honour» und hält dies im Songbüchlein fest. Der Übergriff in Glarus war offensichtlich kein «Ausrutscher». Am vergangenen Wochenende kam es im liechtensteinischen Mauren zu einer wüsten Massenschlägerei mit Rechtsextremen. Verschiedene Personen wurden festgenommen und befinden sich derzeit in Untersuchungshaft.