Rechtsextreme besetzten das Rütli
vonPierina Hassler
RÜTLI UR. Nationalfeiertag auf dem Rütli bedeutet heutzutage: Das braune Gesindel marschiert wieder auf, johlt und streckt den Arm zum Kühnegruss. Aber dann kriegens die Glatzköpfe nicht einmal fertig, mehr als zwei Zeilen auswendig zu singen.
Es sind etwa 400 Rechtsradikale, die am 1. August die Wiege der alten Eidgenossenschaft besetzen. Doch diesmal können sie andere Besucher nicht belästigen. Sie sind allein. Zurzeit wird auf dem Rütli Theater gespielt, deshalb gibt es keine offizielle Feier.
Und so schaffens die Glatzköpfe auch nicht, mit der falschen Nationalhymne zu provozieren. Niemand hörts, niemand störts, dass sie die alte statt die neue singen. Besser für sie. Denn es ist ziemlich peinlich.
Aus voller Brust, die Hand zum Kühnegruss (abgewandelter Hitlergruss) erhoben, johlen die jungen Männer und Frauen «Heil dir, Helvetia, hast noch der Söhne ja». Dann stammeln sie nur noch. Die nächste Zeile kennen sie schon nicht mehr, sie bleibt ihnen ihm Hals stecken.
Die Polizei hat ihnen schon zuvor in Brunnen SZ Waffen, Transparente und Feuerwerkskörper abgenommen. «Aufs Schiff durfte nur, wer sauber ist», sagt Sefir (19).
Sefir, heisst so ein echter Superpatriot? «Ich bin nicht in der Schweiz geboren, aber dafür jetzt ein richtiger und überzeugter Schweizer.» Der in Kroatien aufgewachsene Sefir sieht aus wie ein Hitlerjunge. Beiges Hemd, sauber in die gebügelten Bermudas gesteckt. Und sein blondes Haar hat er adrett zur Seite gescheitelt. Seine Freunde sehen ähnlich aus. Sie heissen Pablo (21) und Nedir (21) und sie sind «Schweizer Nationalisten aus Berufung». Und stolz darauf.
Ihr Einpeitscher brüllt ins Mikrofon: «Wir werden als Spinner, Psychos oder Abartige betitelt.» Buh-Rufe seiner Gesinnungsgenossen. Dann geht seine Hasstirade weiter: «Wir, die Schweizer Jugend, lassen uns nicht aus unserem eigenen Land vertreiben.» Die Anwesenden sind begeistert, klatschen frenetisch.
Es ist 14 Uhr. Die Feier ist vorbei. Die Neonazis ziehen ab. Bis zum nächsten 1. August. Ein Jahr Zeit, weitere zwei Zeilen auswendig zu lernen.
Etwa 400 Rechtsextreme fanden gestern aufs Rütli. Sie waren unter sich, da die offizielle Feier wegen der Tell-Aufführung abgesagt wurde. Die Pfähle gehören zur Theater-Kulisse.
Ein Rechtsextremer regt sich bei der Personenkontrolle in Brunnen SZ auf. Sonst gabs keine Zwischenfälle. Rechts: Ungewollte Begegnung mit einer Blasmusik.
Anti-Fascho-Demo mit Vermummten und Raketen
LUZERN. 800 bis 1000 Anhänger der militanten linksextremen Szene benutzten den 1. August in Luzern zu einer Anti-Fascho-Demo. Nach diversen Ansprachen auf dem Theaterplatz zogen die Demonstranten – etwa die Hälfte vermummt – via Bahnhofstrasse und Seebrücke in die Altstadt und retour. Ausser vereinzelten Farbschmierereien und Beschädigung von Fahnenstangen und Fahnen sei die Demo friedlich verlaufen, meldet die Polizei. Wie sichs für einen Nationalfeiertag gehört, wurden auch Knallpetarden und Raketen gezündet.