Der Bund.
Der Kopp-Verlag, in Deutschland bekannt für verschwörungstheoretische und antisemitische Bücher, drängt auf den Schweizer Markt und in hiesige Onlinemedien.
«Adolf Hitler – eine Korrektur», «Das wahre Gesicht des Dr. Fauci», «Corona-Diktatur – der Staatsstreich von Merkel, Christunion & Co», «Die Dekonstruktion der Rasse», «Bevölkerungsaustausch in Europa».
Bücher mit solchen Titeln vertreibt der Kopp-Verlag in Deutschland seit 1993 – doch jetzt nimmt das umstrittene deutsche Verlagshaus gezielt den Schweizer Markt ins Visier. Dieser Tage hat es bei mindestens drei Schweizer Onlinemedien prominent Werbung geschaltet: bei der NZZ, bei «Watson» und auf der Seite Bluewin.ch, die der bundeseigenen Swisscom gehört.
Der Kopp-Verlag hat seinen Sitz im deutschen Rottenburg am Neckar und publiziert und vertreibt schwergewichtig grenz- und pseudowissenschaftliche sowie verschwörungstheoretische Bücher – und zahlreiche rechtspopulistische bis rechtsradikale Werke. Die «Frankfurter Allgemeine Zeitung» bezeichnete den Verlag einst als «Heimatplanet für rechtsextreme Ufologen». Seit 2020 hat er auch zahlreiche Werke im Angebot, welche die Corona-Pandemie als globale Verschwörung darstellen.
Der Verlag bedient auch antisemitische Vorurteile, etwa mit dem Machwerk «Die Protokolle der Weisen von Zion – erfüllt!». Das ursprüngliche Werk, auf das sich der Buchtitel bezieht, ist eine antisemitische Fälschung und Hetzschrift vom Beginn des 20. Jahrhunderts, doch der Kopp-Verlag schreibt dazu: «Die Übereinstimmung des Geplanten mit dem heute Erreichten ist nahezu perfekt!»
Ringier ausgetrickst
Ist es angemessen, dass die Swisscom, die sich mehrheitlich in Bundesbesitz befindet, Werbung für solche Bücher schaltet?
«Wir distanzieren uns vom Verlagsprogramm des Kopp-Verlags», schreibt Blue News, die zuständige Unternehmenseinheit der Swisscom. Die Anzeigen auf Bluewin.ch seien über einen externen Online-Werbevermarkter gebucht worden. Die Redaktion von Blue News habe diese Anzeigen schon Anfang November 2021 bemerkt und beim Werbevermarkter sperren lassen. Man gehe nun erneut auf ihn zu, um die Anzeigen zu sperren, schreibt Blue News.
Der externe Werbevermarkter, von dem Blue News spricht, heisst Ringier Advertising und ist eine Unternehmenseinheit von Ringier. Die Ringier-Medienstelle erklärt, das fragliche Inserat sei «über Google Ads automatisch auf Bluewin.ch eingespeist» worden. Trotz mehrerer Sicherheitsstufen könne es «in seltenen Fällen passieren, dass ein unzulässiger Inhalt trotzdem ausgespielt wird». Man habe das Inserat nun schnellstmöglich entfernt und prüfe zusätzliche Massnahmen, um solche Fälle in Zukunft zu verhindern.
«Offene Meinungsbildung»
Auch bei der NZZ wurde die Werbung «via programmatische Systeme eingebucht», wie die NZZ-Medienstelle erklärt. «Wir werden prüfen, inwiefern die Inhalte kritisch sind, und uns gegebenenfalls überlegen, einzelne Werbungen dieses Absenders zu indexieren.» Grundsätzlich vertrete die NZZ bei Inseraten aber eine liberale Haltung, solange sie keine rechtswidrigen oder offensichtlich anstössigen Inhalte beinhalteten, schreibt die Medienstelle. «Das gehört zur offenen Meinungsbildung.»
Auch Tamedia, zu der diese Zeitung gehört, «kennt die Herausforderung von unerwünschten Anzeigen via digitale Buchungsplattformen», wie die Tamedia-Unternehmenskommunikation auf Anfrage sagt. «Solche Kunden werden im Einzelfall umgehend gesperrt.»