SRF.
- In Deutschland haben heute Morgen Razzien im Reichsbürger-Milieu stattgefunden.
- Auch in der Schweiz ist gegen zwei Personen ein eigenes Strafverfahren eröffnet worden. Das bestätigt die Bundesanwaltschaft (BA) auf Anfrage von SRF.
- Im Rahmen dieser Verfahren seien Hausdurchsuchungen und Einvernahmen durchgeführt worden.
- Die Strafverfahren werden wegen Verdachts auf Unterstützung oder Beteiligung an einer kriminellen oder terroristischen Organisation durchgeführt (Art. 260ter Strafgesetzbuch).
Die Personen, gegen die ermittelt wird, haben die Schweizer Staatsbürgerschaft und Wohnsitz im Kanton St. Gallen. Die BA habe zudem im Kontext Reichsbürger mehrere Rechtshilfeersuchen erhalten, diese würden ebenfalls umgesetzt, sagte eine Sprecherin.
Die Klärung der mutmasslichen Rollen der zwei in der Schweiz beschuldigten Personen sei Gegenstand der laufenden Ermittlungen, heisst es bei der BA weiter. Im Rahmen des laufenden Verfahrens habe die BA gemeinsam mit dem Fedpol und der involvierten Kantonspolizei die Häuser der Beschuldigten durchsucht und die beiden Verdächtigen einvernommen.
Für die Verdächtigen gilt die Unschuldsvermutung.
Verletzter Polizist bei Razzien in Deutschland
In Deutschland ist bei einer Durchsuchung im Auftrag der Bundesanwaltschaft ein Beamter eines Spezialeinsatzkommandos durch einen Schuss leicht verletzt worden. Der Beamte ist nach dpa-Informationen in stabilem Zustand, der Täter wurde festgenommen.
Die Aktion in Reutlingen (Baden-Württemberg) stand im Zusammenhang mit Ermittlungen im «Reichsbürger»-Milieu. Eine Sprecherin der Bundesanwaltschaft bestätigte die Festnahme und dass ein Schuss abgegeben wurde. Gegen die Person werde wegen eines versuchten Tötungsdelikts ermittelt. Weitere Festnahmen habe es nicht gegeben. Zu möglichen Verletzten konnte sie noch keine Angaben machen, auch nicht zum Hintergrund und Umfang der Durchsuchungen.
Der Schütze soll sich dem Vernehmen nach beim Eintreffen der Einsatzkräfte verschanzt und zur Wehr gesetzt haben. Eine Reporterin der Deutschen Presse-Agentur am Einsatzort in Reutlingen berichtete, in einem Haus habe es am Vormittag fünfmal laut geknallt. Ein Polizeisprecher vor Ort bestätigte einen Zusammenhang mit den Ermittlungen, nannte aber keine Details. Die Polizei sprengte nach dpa-Informationen eine abgeschlossene Tür.
Die Sender WDR und NDR und die «Süddeutsche Zeitung» (SZ) berichten, es habe Durchsuchungen bei 19 Personen in sieben deutschen Bundesländern und in der Schweiz gegeben. Laut «Spiegel» werden in ganz Deutschland 22 Objekte durchsucht.
Bei Razzien letzten Dezember gab es 25 Festnahmen
Anfang Dezember hatte es eine grossangelegte Anti-Terror-Razzia gegen «Reichsbürger» in Deutschland, Österreich und Italien gegeben. Damals waren 25 Männer und Frauen festgenommen worden. In diesem Verfahren ermittelte die deutsche Bundesanwaltschaft ausserdem gegen 30 weitere Menschen. Es hatte immer geheissen, es sei nicht ausgeschlossen, dass im Laufe der Zeit mehr Beschuldigte hinzukommen.
«Reichsbürger» sind Menschen, die die Bundesrepublik und ihre demokratischen Strukturen nicht anerkennen. Sie behaupten, das Deutsche Reich (1871-1945) würde weiter existieren, daher ihr Name. Der deutsche Verfassungsschutz (Inlandsgeheimdienst) rechnete der Szene der «Reichsbürger» und «Selbstverwalter» 2022 deutschlandweit etwa 23 000 Menschen zu, 2000 mehr als im Vorjahr.