1933-1945 / Der Gemeinderat findet, Berns Vergangenheit in der Zeit des Dritten Reichs solle historisch aufgearbeitet werden. Ein SP-Vorstoss hierfürstösst auf positives Echo.
rg. Schlägereien im «Volkshaus», Schmierereien auf dem jüdischen Friedhof und weitere Vorfälle zeugen laut Gemeinderat von rechtsradikalenAktivitäten in der Stadt während der Dreissigerjahre. Und als Bundesstadt sei Bern «immer wieder» auch im Zentrum überlokaler, gar über die Schweizhinaus beachteter Ereignisse gestanden – so beim «Marsch auf Bern» (1937), als die Nationale Front (NF) ihren Kampfruf «Harus!» in den BernerGassen erschallen liess, oder beim Prozess um die gefälschten «Protokolle der Weisen von Zion», den Schweizer Nazis und Antisemiten alsPropagandaplattform nutzten.
Die bedeutsamsten rechtsradikalen Gruppen im Bernbiet waren laut Gemeinderat die Jungbauern und die Schweizer Heimatwehr. Andererseits aber lieferedie bisherige Geschichtsschreibung «keine Anhaltspunkte für eine besondere Rolle Berns innerhalb des schweizerischen Faschismus», so derGemeinderat weiter. Jedoch: Weder für den Kanton noch für die Stadt sei die Zeit von 1933 bis 1945 bisher eingehender untersucht worden – vieleAussagen seien unbestimmt, und deshalb sei eine vertieftere historische Auseinandersetzung mit Berns Vergangenheit «sicher wünschenswert», schreibtdie Exekutive in Beantwortung einer Motion, mit der SP-Stadtrat Andreas Hofmann im Mai 1998 eine stadtspezifische Aufarbeitung verlangte.
Die Stadtregierung erachtet es «zum heutigen Zeitpunkt» jedoch nicht als ihre Aufgabe, selber eine besondere Studie in Auftrag zu geben. Sie will vorerstprüfen, ob ein solches Projekt im Rahmen einer umfassenderen Aufarbeitung der neueren Stadtgeschichte realisiert werden kann. Wäre dies aber «inabsehbarer Zeit» nicht möglich, so sei der Gemeinderat bereit, gegebenenfalls eine spezifische Studie zu initiieren. Den SP-Vorstoss will er als Postulatentgegennehmen.