bz – Zeitung für die Region Basel
Der Präsident verlässt den Verein, zwölf Mitglieder folgen. Als Grund wird hinter vorgehaltener Hand eine rechtsradikale Tendenz genannt.
Silvana Schreier
Das knapp viereinhalbminütige Video sorgte für Aufruhr unter den Basler Fasnächtlern. Darin zu sehen ist die Kleinbasler Gugge Gülle Schlüch. Die Mitglieder schränzen los, als nach wenigen Takten ein Trompeter seine Hand an die Brust führt und zum Hitlergruss ausstreckt (die bz berichtete). Noch heute stösst man nach kurzer Suche im Internet auf die Handyaufnahme.
Recherchen der bz zeigten im Februar 2020, dass die Gugge Gülle Schlüch bereits mehrfach mit rechtsradikaler Symbolik auf sich aufmerksam machte. Da gab es ein T-Shirt mit Erkennungsmerkmalen der rechtsextremen Szene darauf oder eine Pauke mit einem «Ku Klux Klan Basel»-Aufkleber. Der Verein reagierte nach der Berichterstattung und schloss einige Mitglieder aus. Mittlerweile wurden sämtliche Fotos, die Mitglieder oder der Verein selbst auf Facebook posteten, gelöscht.
Jetzt, ein halbes Jahr später, wird bekannt, dass der Verein gerade einen Umbruch erlebt. Der ehemalige Präsident ist zurückgetreten. Er präsidierte die Gugge lediglich während eines Jahres. Aufgrund von Anfeindungen nach der Berichterstattung im Februar möchte er nicht mehr namentlich genannt werden. Er sagt, er habe gewusst, dass er einen «Verein mit Vorgeschichte» übernahm. «Ich musste aber feststellen, dass ich mich nicht mehr mit den Absichten des Vereinsvorstands identifizieren kann.» Im August 2020 gab er den Rücktritt – als Präsident und als Vereinsmitglied bekannt. Der Kontakt zu seinen ehemaligen Gugge-Freunden sei komplett abgebrochen. Zusammen mit ihm verliessen weitere 18 Personen die Gugge.
Neuer Präsident soll Ruhe in Verein bringen
Im September wählten die Vereinsmitglieder an der Generalversammlung einen neuen Vorstand inklusive Präsident. Die Vereinswebsite ist noch im Umbau. Erst nach mehrmaligem Nachfragen wird der Name des neuen Präsidenten genannt. Es ist mit Ives Bertschinger ein ehemaliges Gugge-Mitglied. 2017 trat der in Oftringen wohnhafte Bertschinger aus der Gugge aus. Neun Jahre lang gehörte er zu den Gülle Schlüch, dann habe es nicht mehr gepasst. Als frischgebackener Vater habe er sich etwas zurückziehen wollen.
Zu seiner Zeit im Verein habe er nie rechtsradikale Tendenzen wahrgenommen. Die Schlagzeilen hätten ihn deshalb nachdenklich gemacht. Nachdem er von den Problemen seines ehemaligen Vereins gehört hatte, wollte Bertschinger helfen. «Es gab tatsächlich diverse Austritte, aber geschadet haben diese dem Verein nicht. Der harte Kern bleibt zusammen», so Bertschinger. Die Rücktritte seien aber vor allem jobbedingt oder aus Altersgründen erfolgt. Derzeit habe die Gugge 21 Mitglieder. Als Präsident wolle Bertschinger sicherstellen, dass die 41-jährige Gugge noch lange bestehen kann und gegen aussen wieder als gewöhnlicher Fasnachtsverein wahrgenommen wird.
«Der neue Vorstand und ich sind klipp und klar gegen Rechtsradikalismus», sagt Bertschinger bestimmt. Die Personen, die durch Symbole und Gesten aufgefallen seien, kenne er nicht und sie seien auch nicht mehr Teil des Vereins. Informationen, die der bz vorliegen, zeigen jedoch ein anderes Bild auf: Der Trompeter, der im Video den Hitlergruss zeigte und deswegen bereits häufiger zurechtgewiesen werden musste, probt wieder regelmässig mit den Gülle Schlüch. Zwar darf er an öffentlichen Auftritten nicht teilnehmen, im Guggenkeller geht er jedoch ein und aus.
Bertschinger hält dagegen: «Aus dem Verein ausgeschlossene Personen haben keinen Platz mehr bei uns.» Er betont, dass er hinter jedem in der Gugge Gülle Schlüch stehe.
Die Gugge Gülle Schlüch fiel mit rechter Symbolik auf. Bild: bz-Archiv
«Es gab diverse Austritte, aber geschadet haben diese dem Verein nicht.»
Ives Bertschinger
Präsident Gugge Gülle Schlüch