Die Rechtsextremenszene hat im Moment keinen aussergewöhnlichen Zulauf. Sie sei aber so aktiv wie seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr, sagt Beobachter Stutz.
Rechtsextremismus ist in der Region Willisau keine Seltenheit. Um die Neonazis ging es an einem Podiumsgespräch in Willisau.
von pascal imbach
Eine Gruppe von zehn Jugendlichen hat vor einem Jahr die «Aktion Willisau gegen Rassismus» ins Leben gerufen. Dies nachdem am 30. Oktober 2004 eine Demonstration gegen Rassismus in Willisau von Rechtsextremen gestört wurde. Das sei aber nicht der einzige Grund gewesen, sagt Olivier Vogel von der «Aktion Willisau gegen Rassismus». «Es gibt uns einfach zu denken, wenn wir Jugendliche mit Bomberjacken und Springerstiefeln rumlaufen sehen. Deshalb haben wir gedacht, wir müssen etwas unternehmen», so Vogel.
Etwa 80 Zuhörerinnen und Zuhörer fanden sich am Samstag im Jugendraum Willisau zum Podiumsgespräch ein. «Wir sind sehr zufrieden und freuen uns, dass so viele Leute erschienen sind», sagte Andreas Bättig, Leiter der Podiumsdiskussion zu Beginn. Es diskutierten Beat Hensler, Kommandant der Kantonspolizei Luzern; Lathan Suntharalingam, Luzerner SP-Grossstadtrat; Hubert Müller, Sekundarlehrer in Willisau, und Hans Stutz, Beobachter der Rechtsextremenszene.
Hohe Gewaltbereitschaft
Der Angriff auf die Demonstration in Willisau sei einer der schwerwiegendsten Fälle gewesen, die es im Kanton Luzern im Zusammenhang mit Rechtsextremismus jemals gegeben habe, sagt Hans Stutz. Trotzdem will er nicht von einer steigenden Tendenz sprechen: «Die Gewaltbereitschaft ist in den letzten Jahren nicht grösser geworden. Aber sie stagniert auf höchstem Niveau.»
Beat Hensler sagte dazu: «Die Gewaltbereitschaft ist zweifellos hoch. Im Moment ist die rechtsradikale Szene im Kanton Luzern aber stabil.» Hans Stutz fügt an, dass die rechtsradikalen Aktivitäten in der Schweiz heute so hoch seien wie noch nie seit dem Zweiten Weltkrieg.
Doch wie entsteht Rechtsradikalismus und was fördert ihn? Für Lathan Suntharalingam ist klar, dass auch die Politik Nährboden für gefährliche Ideologien biete. «Meiner Meinung nach sollte sich beispielsweise die SVP deutlicher und konsequenter von rechtsradikalem Gedankengut distanzieren», sagt der Politiker. Er ist überzeugt, «dass es innerhalb dieser Partei auch Leute gibt, die ganz klar über den politischen rechten Rand hinaustreten».
Für Hubert Müller müsste man das Problem vermehrt bei der Ursache bekämpfen: «Kinder und Jugendliche zwischen der fünften und neunten Klasse sind am stärksten gefährdet», ist er überzeugt. Deshalb sei es wichtig, dass man Rechtsextremismus in der Schule vermehrt diskutieren sollte, sagt Müller.
Der Ausstieg dauert 7 Jahre
Wenn man sich erst einmal in der rechtsradikalen Szene befände, sei es schwierig, den Ausstieg zu schaffen, sagte Hans Stutz. «Programme für Ausstiegswillige, wie etwa in Schweden, gibt es in der Schweiz nicht.»
Und auch wenn man sich erst einmal für den Ausstieg entscheide, würde es in der Regel 7 Jahre dauern, bis man sich endgültig vom rechtsextremen Gedankengut verabschiedet habe, sagt Stutz. «Wichtig ist, dass die Betroffenen den Ausstieg aus eigenem Willen schaffen wollen», ergänzt Beat Hensler.