«Der Anlass ist derart provokativ da müssen die Nazis einfach kommen.»
Edi Bühler, Gemeinderat
Linke Jugendliche planen einen Gedenkanlass zum Skinhead-Überfall vor zehn Jahren. Zu gefährlich, findet der Gemeinderat.
Es war ein schwarzer Tag für Hochdorf, der 4. November 1995: Über 50 vermummte Skinheads platzen in das Festival für Völkerfreundschaft im Kulturzentrum Braui und schlagen mit Ketten, Baseballschlägern und Eisenstangen auf Mobiliar und Besucher ein. Zurück bleiben mehrere Verletzte und ein verwüstetes Lokal.
Zehn Jahre sind vergangen seit dem Überfall. Zeit, des Anlasses zu gedenken, fanden sieben junge Leute aus der Umgebung und buchten den Brauiturm für den nächsten Samstag, 5. November. «Wir wollen nicht einfach vergessen, was damals passiert ist», sagt Boris Rossi, der selbst dabei war und jetzt den Gedenkanlass mitorganisiert. Mahnwache, Abendessen, Infoveranstaltung und ein Konzert standen auf dem Programm; die Initianten rechneten mit rund 200 Besuchern. Allerdings hatten sie die Rechnung ohne die Gemeinde gemacht.
Keine Sekten und Extremisten
«Der Flyer ist derart provokativ geschrieben da müssen die Nazis einfach kommen», sagt Edi Bühler, Sozialvorsteher von Hochdorf. «Wider das Vergessen für eine Zukunft ohne Nazis» und «Nazis auf den Mond»: Derartige Slogans stossen dem Gemeinderat sauer auf. Die Gemeinde als Eigentümerin der Braui ist einem Anlass in der geplanten Form gänzlich abgeneigt. «Wir müssen für die Sicherheit der Besucher und auch der Bevölkerung garantieren können», bestärkt Gemeindeammann Franz Bucher. Es gehe nicht um den Inhalt des Anlasses, sondern einzig um seine Form, und die sei eindeutig provokativ. «Für Sekten und extremistische Anlässe vermieten wir die Braui grundsätzlich nicht», so Bühler. Gänzlich verbieten kann die Gemeinde den Anlass nicht, doch mit der kurzfristigen Absage wird es für die Organisatoren schwierig, einen neuen Raum zu finden. «Es ist einfach unheimlich, dass sich der Gemeinderat aus Angst vor den Nazis ins Bockshorn jagen lässt», meint Rossi.
«Unverständlich»
Auch Hans Stutz, der sich seit mehr als 15 Jahren mit der rechten Szene befasst und für die Infoveranstaltung engagiert wurde, ist erstaunt. «Ich finde es unverständlich, dass eine solche Veranstaltung aus Angst vor Rechtsextremen nicht stattfinden kann.» Zudem, so Stutz, kämen Skinhead-Angriffe in den meisten Fällen überraschend.
Cécile Bühlmann, Vizepräsidentin der eidgenössischen Rassismuskommission, kann die Behörden ebenfalls nicht verstehen. «Man müsste die Veranstaltung eben polizeilich schützen.»
Derweil ist Boris Rossi auf der Suche nach einem anderen Lokal in Hochdorf. «Wir sind nicht bereit, uns an den Rand drängen zu lassen.»