Das globalisierungskritische «Basislager» in Thun wurde von einem bewaffneten Angriff überschattet
Der Vorfall ereignete sich kurz nach Mitternacht in der Nacht auf Samstag: Als eine Gruppe von Besuchern des globalisierungskritischen «Basislagers» in Thun per Zug den Heimweg antreten wollte, wurde einer von ihnen, ein 17-jähriger Mann, von einem anderen Mann angeschossen. Gemäss einem Communiqué der Kantonspolizei begab sich das Opfer erst am Samstag gegen Abend in Spitalpflege: Er habe die Verletzung am Bein «erst später festgestellt». Laut der Polizei erlitt das Opfer einen Oberschenkeldurchschuss. Nach einer ambulanten Behandlung wurde der Mann wieder aus dem Spital entlassen.
Am Sonntag nahm die Kantonspolizei drei Tatverdächtige fest. Gestern Abend gestand schliesslich einer der Inhaftierten, «aus einer Faustfeuerwaffe mehrere ungezielte Schüsse» in Richtung einer Personengruppe abgegeben zu haben. Beim Täter handelt es sich um einen 26-jährigen Schweizer. Er habe sich «verfolgt und bedroht gefühlt», begründete er seine Tat. Weitere Angaben zum Täter und zum Hintergrund machte die Polizei nicht. Gemäss der von Linken und Autonomen betriebenen Internet-Nachrichtenplattform Indymedia war die Gruppe linker Aktivisten «von mehreren Neonazis verbal und tätlich angegriffen» worden. Einer der Neonazis sei «ausgerastet» und habe auf die Gruppe geschossen. Beim Schützen handle es sich vermutlich um einen bekannten Rechtsextremen aus Thun, der schon mehrmals im Gefängnis gesessen habe.
Demonstration am Sonntag
«Der Gemeinderat verurteilt jede Form von Gewalt aufs Schärfste ob von rechts oder von links», sagte der Thuner Polizeivorsteher Heinz Leuenberger (sp) gestern dem «Bund». Man werde das Möglichste tun, um solche Vorfälle in Zukunft zu verhindern.Abgesehen vom Vorfall in der Nacht auf Samstag sei das ganze «Basislager» friedlich verlaufen, sagte Leuenberger, auch die Spontandemonstration gestern Nachmittag durch die Thuner Innenstadt. Damit habe man gegen den Angriff protestieren und auf die Gewaltproblematik aufmerksam machen wollen, die oft totgeschwiegen werde, sagte einer der Teilnehmer. Er schätzte die Teilnehmerzahl auf 150 bis 200 Personen, während sie von der Stadt auf 120 Personen beziffert wurde. Der Gemeinderat habe die Demonstration «nicht bewilligt, aber toleriert», sagte Leuenberger «sonst wäre es in Gewalt ausgeartet».Ursprünglich hätte das «Basislager» im Schadaupark stattfinden sollen. Das tolerierte der Gemeinderat jedoch nicht: Durch ein grösseres Polizeiaufgebot liess er am Freitagabend verhindern, dass die rund 50 Aktivisten im Park ihre Zelte aufschlagen konnten («Bund» vom Samstag). Daraufhin wichen diese in eine alte, abbruchreife Fabrikhalle im Selveareal aus. Diesen Standort hatte der Gemeinderat zwar ebenfalls nicht explizit bewilligt, aber auf Zusehen hin toleriert.Gedacht war das «Basislager» laut den Organisatoren als «politische und kulturelle Veranstaltung», bei der nebst der Globalisierung auch lokale Themen wie der Mangel an autonomen Freiräumen sowie die Drogen- und Wegweisungspolitik der Stadt Thun zur Sprache kommen sollten. Auf dem Programm standen ein Konzert am Freitag- und eine Filmvorführung am Samstagabend, wobei je rund 100 Personen teilnahmen. Mit einer satirischen Aktion in der Thuner Innenstadt nahm eine Gruppe von Teilnehmern am Samstagnachmittag die angebliche Konsumwut aufs Korn.
Schlauchbootfahrt verschoben
Als Abschluss des «Basislagers» hätte gestern Nachmittag unter dem Motto «G-8 abschiffen» eine von der Anti-WTO-Koordination organisierte Schlauchbootfahrt auf der Aare von Thun nach Bern stattfinden sollen. Diese wurde jedoch wegen der ungünstigen Witterung auf den kommenden Samstag, 16. Juli, verschoben.