Bieler Tagblatt vom 13.10.1998
Abgebrochene Spiegel, havarierte Lampen, durchschnittene Kabel, abgelassenes Benzin, aufgeschlitzte Siloballen: Vandalenakte an landwirtschaftlichem Gerät in der Region Lyss in den Sommermonaten 1997 und 1998 gehen deutlich über das Mass üblicher Lausbubenstreiche hinaus. Die Bauern sind frustriert, die Polizei meist machtlos.
Markus Böni
Die heimgesuchten Landwirte schickten Ende August mit Ueli Spring einen der Ihren vor. Spring sitzt für die SVP im Gemeindeparlament und wollte dort wissen, ob man bei der Gemeindepolizei Kenntnis von den jüngsten Vorfällen auf den Feldern rund um Lyss habe. Landwirt Spring, selber von den Vandalenakten nicht betroffen, vertritt auch die Stimme all jener, die Angst haben, dass sich an den einschlägigen Treffpunkten wie etwa dem «Försterstein» eine rechtsextreme Szene einnisten könnte. Gemäss verschiedenen, dem BT allerdings nur indirekt zugetragenen Zeugenaussagen soll es sich bei den mutmasslichen Vandalen zumindest teilweise um Personen in der typischen Aufmachung (Bomberjacken, Springerstiefel, kurzgeschorene Haare) gehandelt haben. Spring erhielt im GGR Bescheid, von den jüngsten Ereignissen vom August 1998 sei bei der Polizei nichts bekannt.
Nebst den Motormähern verschiedener Bauern aus Lyss und Ammerzwil wurden gemäss Revierförster Andres Ammann auch Maschinen der Lysser Forstdienste, die über Nacht jeweils vor Ort belassen werden, mutwillig beschädigt. Vorerst keine Schäden hat Ammann an Bäumen und Holzbeigen festgestellt. Wie viele andere Betroffene hat auch der Revierförster auf eine Anzeige gegen Unbekannt verzichtet. Insgesamt sind in diesem Zusammenhang laut Christian Schlecht, Chef der Wache Lyss der Kantonspolizei, 1998 lediglich drei entsprechende Anzeigen eingegangen. Die Dunkelziffer sei aber hoch. Denn Sachbeschädigungen seien nur auf Antrag strafbar.
Der Lysser Landwirt Fritz Herrli gehört zu den Betroffenen. Ende August fand er eines Morgens seinen Motormäher mit in den Tank gestossenem Werkzeug, abgelassenem Benzin, herausgezogenem Luftfilter und durchschnittenen Kabeln wieder. Und obwohl Herrli zu den wenigen gehört, die Anzeige gegen Unbekannt erstattet haben, macht er sich keine Illusionen über die Erfolgsaussichten: «Das wird schwierig. Man ist solchen Vorkommnissen gegenüber einfach ohnmächtig.» Berufskollege Erwin Christen aus Lyss: «Lausbubenstreiche hat es immer gegeben, die Mutwilligkeit der letzten Zeit ist aber ein neues Phänomen.» Oder zuweilen wohl schlicht einfach Gedankenlosigkeit. So beförderten Unbekannte im Sommer 1997 kurzerhand Siloballen von darunterliegenden Holzpaletten, um Letztere als Hitzequelle für ihre Grillparty beim Försterstein zu benutzen. Die Fenster des Wasserreservoirs im Dreihubel sind mittlerweile vergittert, nachdem sie mutwillig eingeschlagen worden waren.
Schlecht bestätigt, es habe jüngst vermehrt Reklamationen wegen Ansammlungen und Beschädigungen gegeben. Einen rechtsradikalen Hintergrund könne er jedoch nicht bestätigen, ebenso wenig Vermutungen über allfällige Zusammenhänge mit Vorfällen in Münchenbuchsee und Schönbühl vor drei Jahren.