Der Bund.
Éric Zemmour gilt bei den kommenden Wahlen in Frankreich als Präsident Macrons härtester Herausforderer. Genfs Regierung hat ihn nun zur Persona non grata erklärt.
Der Wahlkampf um die französische Präsidentschaft hat längst begonnen. Potenzielle Herausforderer des amtierenden Präsidenten Emmanuel Macron bringen sich in Stellung. Das spürt auch die Stadt Genf. In Genf schauen Kandidaten gerne vorbei, weil sie wissen, dass ihre Auftritte in der Grenzstadt in ganz Frankreich wahrgenommen werden.
Anfang November reiste Michel Barnier für eine abendfüllende Debatte in die Rhonestadt. Barnier, der als EU-Chefunterhändler den Brexit-Vertrag aushandelte, unterstrich seine Ambitionen, für die Republikaner in die Präsidentschaftswahlen zu steigen.
Nach Barnier hätte in den kommenden Tagen auch der Politiker und ehemalige Journalist Éric Zemmour in Genf auftauchen wollen. Allein die Ankündigung machte lokale Politiker nervös, denn der 63-jährige Rechtspopulist gilt als derart radikal, dass Marine Le Pen vom Rassemblement National im Vergleich wie eine Sozialdemokratin wirkt.
Zemmour hat sich offiziell zwar noch nicht zum Präsidentschaftskandidaten ausgerufen, aber gemäss Umfragen ist der 63-Jährige Macrons härtester Widersacher. In seinen Reden schimpft er gerne über Araber, Schwarze und Feministinnen und verharmlost, wie brutal auch das Vichy-Regime im Zweiten Weltkrieg in Frankreich mit den Juden umgegangen ist. Dies, obwohl Zemmour selbst Jude ist.
Der jüdische Philosoph Bernard Henry-Lévy warnte vor kurzem in der «Süddeutschen Zeitung» vor Zemmour. Er schrieb: «Ich beobachte, wie er mit Wonne in den braunen Sumpf des französischen Faschismus stapft und manchmal darin herumplanscht, manchmal herumstolziert wie ein Karnevals-Bonaparte auf der Brücke von Arcole.» Da ziehe «eine politische Katastrophe herauf, so Henry-Lévy.
Kanton Genf teilt die Meinung der Stadt nicht
Wegen Zemmours herabwürdigender Rhetorik hat ihn nun die Genfer Stadtregierung kurzerhand zur Persona non grata, zur unerwünschten Person, erklärt. Der Ex-Journalist wollte im Saal des Restaurants Eaux-Vives auftreten, mit dem bekannten Anwalt Marc Bonnant als möglichem Gesprächsleiter. Weil das Restaurant der Stadt gehört, musste er eine Bewilligung einholen, die ihm die Regierung verweigerte. Man könne für die « öffentliche Sicherheit nicht garantieren», lautet die offizielle Begründung.
Stadtpräsidentin Frédérique Perler (Grüne) nahm am Wochenende beim Radiosender RTS zum Entscheid Stellung. «Die Stadt Genf würde sich zu Éric Zemmours Komplizin machen, wenn sie seinen Auftritt bewilligte», sagte Perler. Zemmours Gedankengut und seine Rhetorik passten überhaupt nicht zu den Werten, die Genf vertrete, schliesslich kämpfe die Stadt «gegen alle Formen von Diskriminierung» und führe Aktionswochen gegen Rassismus und Homophobie durch. Zudem sei Zemmour mehrfach verurteilt worden, unter anderem wegen Aufruf zu rassistischer Diskriminierung.
Sollte Zemmour in Genf auf «neutralem Boden» auftreten wollen, landet das Gesuch beim Kanton. Sicherheitsdirektor Mauro Poggia (MCG) würde wohl von einem Verbot absehen. Er sagt: «Wenn sich einige Leute durch Éric Zemmours Äusserungen beleidigt fühlen, reicht dies noch nicht aus, um ihm ein Redeverbot zu erteilen, und es gibt keinen Grund, dies als Gefahr für die öffentliche Sicherheit zu betrachten.»